Wien. Wenn am Wahlsonntag um 17.00 Uhr die letzten Wahllokale geschlossen haben, dauert es nicht lange, bis die ersten Hochrechnungen erstellt sind. ARGE Wahlen (APA) und SORA (ORF) gehen davon aus, dass sie zwischen 17.00 Uhr und 17.15 Uhr erste Prognosen veröffentlichen - und zwar recht genaue. Denn da ist schon mehr als ein Drittel der Stimmen ausgezählt.
Sowohl Christoph Hofinger (SORA) als auch Franz Sommer (ARGE Wahlen) erwarten, den Wahlausgang (inklusive Briefwahl-Schätzung) kurz nach Wahlschluss um 17.00 Uhr mit einer Schwankungsbreite von ein bis zwei Prozentpunkten vorhersagen zu können. Damit könnte aber freilich noch einiges offenbleiben: Sollte es knapp hergehen, könnten sowohl die Platzierungen der Parteien noch unsicher sein als auch noch nicht klar, ob einzelne Parteien die Vier-Prozent-Hürde für den Nationalratseinzug schaffen.
Und sogar nach Auszählung der Urnenwahl am Sonntagabend könnte noch nicht hundertprozentig feststehen, welche Partei welchen Platz innehat oder welche Partei es in den Nationalrat geschafft hat. Grund dafür ist jener Teil der Briefwahlstimmen (die insgesamt wohl deutlich mehr als zehn Prozent der gültigen Stimmen ausmachen werden), die erst am Montag bzw. Donnerstag nach der Wahl ausgezählt werden. Zwar lassen die Hochrechner von ARGE und SORA auch eine Briefwahlstimmen-Schätzung in ihre Hochrechnung miteinfließen, diese ist aber schwer zu erstellen und bei knappen Abständen etwas unsicher.
Abstand von 1,5 Prozentpunkten entscheidend
Bei einem Abstand zweier Parteien bis zu 1,2 Prozentpunkten in den Hochrechnungen vom Sonntagabend (inkl. Briefwahlstimmen-Schätzung nach Vorliegen des Urnenwahl-Ergebnisses) wäre es "too close to call", sagte Christoph Hofinger (SORA) gegenüber der APA: Es wäre dann noch nicht abschätzbar, welche der beiden Parteien letztendlich vorne liegt.
Ab einem Abstand von 1,5 Prozentpunkten in den Hochrechnungen werde sich die Reihenfolge hingegen kaum mehr ändern. Bei der Frage des Einzugs könnten sich Parteien am Abend des 15. Oktober dann ganz sicher sein, wenn die Hochrechnung inklusive Briefwahlstimmenschätzung ein Ergebnis von 4,7 Prozent oder höher prognostiziert - weil die Schwankungsbreite bei der Briefwahlschätzung sehr groß ist. Theoretisch ist es laut Hofinger auch möglich, dass erst nach der zweiten Runde der Wahlkarten-Auszählung am Donnerstag endgültige Klarheit herrscht.
Im Gegensatz zu der in den letzten Jahrzehnten geübten Praxis des Innenministeriums, am Wahltag Teilergebnisse schon vor 17.00 Uhr an Medien und Forschungsinstitute weiterzugeben, wird dies - wie auch schon bei der Wiederholung der Bundespräsidentschafts-Stichwahl im Dezember des Vorjahres - nicht möglich sein. Der Verfassungsgerichtshof hat diese Vorgangsweise ja mit seinem Entscheid zur Stichwahl-Aufhebung für unzulässig erklärt.
Weniger Zeit zur Analyse
Die Arbeit der Hochrechner wird dadurch aber nicht allzu stark beeinträchtigt, sie wird nur stressiger. Denn mit der Weitergabe der Daten durch das Innenministerium erst beim Wahlschluss um 17.00 Uhr können die Experten ihre Modelle nicht (wie früher) über einen längeren Zeitraum auf Plausibilität überprüfen. Stattdessen werden alle bis dahin vorliegenden Ergebnisse (ca. 40 Prozent der Stimmen sind um diese Zeit ausgezählt) auf einen Schlag in die Computerprogramme eingespielt. Dann analysieren die Hochrechner die Daten und entscheiden, welche der vorbereiteten Varianten zum Einsatz kommt.
Dabei stehen sie (wie bei allen Wahlen) vor dem Problem, dass um 17.00 Uhr vorwiegend Ergebnisse aus dem ländlichen Raum vorliegen, nicht aus großen Städten wie Graz oder Wien. Wien beginnt einheitlich um 17.00 Uhr mit der Auszählung, die ersten Bezirke sind gegen 18.30 Uhr fertig.
Innenminister verkündet Ergebnis zwei Mal
Am Abend (üblicherweise ca. 19.30 Uhr) wird Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) dann das Ergebnis der Urnenwahl verkünden. Darin nicht enthalten ist der Großteil der Wahlkarten. Mit der Urnenwahl mitausgezählt werden nämlich nur jene, die am Sonntag im eigenen Regionalwahlkreis abgegeben wurden. Am Montag folgt die Auszählung des größten Teils der Briefwahl und am Donnerstag dann all jene Briefwahlstimmen, die am Sonntag in Wahllokalen in fremden Wahlkreisen abgegeben wurden.
Durch die im Urnenwahl-Ergebnis fehlenden Briefwahlstimmen wird das vorläufige Endergebnis am Sonntagabend von den Hochrechnungen (inkl. Briefwahlstimmen-Schätzung) abweichen. SORA wie auch ARGE versuchen durch ihre Wahlkarten-Schätzung dem Endergebnis nämlich schon möglichst nahe zu kommen.
Eine weitere Hochrechnung wird vom Wahl-Experten und Statistiker Erich Neuwirth für den TV-Sender "Servus TV" erstellt. Diese wird sich rein auf die Urnenwahl konzentrieren und keine Wahlkarten-Schätzung beinhalten.