Wien. (sir) Der bisherige Zenit der FPÖ war auch der Anfang vom Ende der Ära Jörg Haiders. 26,91 Prozent, damals im Jahr 1999, hauchdünn Platz zwei vor der ÖVP. 18 Jahre später sind die Freiheitlichen wieder in diese Bereiche vorgedrungen. Gut möglich, dass sie erneut in einer Bundesregierung landen werden.
Dem Höchststand 1999 folgte damals die zweite Regierungsbeteiligung, die erste unter einem ÖVP-Kanzler. Die Konsequenz allerdings: Sanktionen, Demonstrationen und Sezessionen.
Die FPÖ spaltete sich in gewisser Weise zweimal. 2002 informell in ein Regierungs- und ein Oppositionslager ("Knittelfeld"), drei Jahre darauf dann offiziell in das BZÖ und die FPÖ unter Heinz-Christian Strache. Der sollte bis zum heutigen Tag an der Spitze der Freiheitlichen stehen, sie von ihrem zwischenzeitlichen Tief um die 10 Prozent wieder über den 20er führen. Und nun wieder in Höhen, die Haider erreicht hatte. Die Zutaten waren über Jahre fast identisch. Mit einer vergleichbaren Rhetorik, einer ähnlichen inhaltlichen Schwerpunktsetzung. Und auch: Regierungsbashing wie eh und je.

Und doch war dann am Beginn dieses Wahlkampfes vieles anders für die FPÖ: die Ausgangslage, der Wahlkampf, die Gegner - auch das Auftreten. Mag sein, dass der Bundespräsidentenwahlkampf von Norbert Hofer der FPÖ selbst gezeigt hat, dass sich der Horizont der Stimmenanteile mit einem weniger aggressiven Ton erweitern kann. Vielleicht war die merkliche Zurückhaltung auch die freiheitliche Interpretation von "Kanzleranspruch".
Mit der Übernahme der ÖVP durch Sebastian Kurz schien Platz eins für die FPÖ nicht mehr drin, auch wenn Strache offiziell an diesem Ziel festhielt. Ein kurioser Aspekt: Die Chance auf eine Regierungsbeteiligung schätzten Politikinsider für die FPÖ höher, wenn sie nicht Erster werden. Und das war das vorrangige Ziel. Die Freiheitlichen wollen unbedingt mitregieren. Das ist an diesem Sonntag nicht unwahrscheinlicher geworden. Mit etwa 26 Prozent laut Hochrechnungen kam die FPÖ ihrem besten Ergebnis zumindest nahe.
Das ist auch insofern bemerkenswert, da sich die ÖVP in diesem Wahlkampf intensiv dem Thema Zuwanderung widmete und teils sehr restriktive Forderungen in ihr Programm schrieb, die sich kaum noch von Ur-Alt-Forderungen der FPÖ unterschieden - besonders die Einschränkung des Zugangs zu staatlichen Leistungen für Ausländer.
Dennoch war laut Wahltagsbefragungen von ATV/Hajek das Asylthema weiterhin das bedeutendste Motiv, die FPÖ zu wählen. Diese hatte sich am Ende des Wahlkampfes ("Vordenker") auch darum bemüht, die Urheberschaft für restriktive Migrations- und Asylpolitik für sich zu reklamieren. Interessant war, dass Strache als Spitzenkandidat nicht mehr die Zugkraft früherer Wahlen hatte. Als Wahlmotiv war Strache selbst nicht mehr so essenziell.
Was der FPÖ ihr Ergebnis bringen wird, werden die kommenden Tage zeigen. Eine Koalition mit der ÖVP liegt inhaltlich am nahe - und ist laut Wahltagsbefragung von ATV/Hajek auch mittlerweile die am häufigsten genannte Wunschkoalition. Es wäre der dritte Versuch der FPÖ zu regieren. Die ersten zwei Male endete die Regierungsbeteiligung freilich vorzeitig.