Beirut. Das libanesische Fernsehen zeigte dichten Rauch, der nahe dem Serail genannten Regierungssitz aufstieg, sowie brennende Autos auf einer von Trümmern übersäten Straße. Auch reglose Körper waren auf der Straße zu sehen. Krankenwagen transportierten Verletzte ab. Bei einem Autobombenanschlag in der libanesischen Hauptstadt Beirut sind am Freitagvormittag mindestens fünf Menschen getötet worden, unter ihnen der frühere Finanzminister Mohammed Shatah. Die Nachrichtenagentur ANI meldete, dass etwa 50 Menschen verletzt wurden.
Die heftige Explosion war in weiten Teilen der Hauptstadt zu hören. Der Anschlag ereignete sich in der Nähe des Parlaments in einem belebten Innenstadtviertel mit vielen Geschäften, Banken und Restaurants, nahe der Uferstraße Corniche.
Der 62-Jährige Shatah war auf dem Weg zum Haus des früheren libanesischen Ministerpräsidenten Saad Hariri gewesen, wo ein Treffen der "Koalition des 14. März" stattfinden sollte. Der Sprengsatz soll libanesischen Medien zufolge in einem Auto der Wagenkolonne des Politikers versteckt gewesen sein.
Hariri macht die radikalislamische Hisbollah-Miliz für den tödlichen Bombenanschlag verantwortlich. "Soweit wir wissen, sind die Verdächtigen diejenigen, die vor der internationalen Justiz fliehen und sich weigern, sich einem internationalem Tribunal zu stellen", erklärte Hariri am Freitag in Beirut.
Die Koalition des 14. März unterstützt die syrischen Rebellen im Kampf gegen den Machthaber in Damaskus, Bashar al-Assad. Das pro-syrische Lager wird von der schiitischen Hisbollah-Bewegung angeführt, die derzeit auch die Regierung in Beirut dominiert. Ihre Milizen kämpfen an der Seite der Truppen von Assad im syrischen Bürgerkrieg mit.
Noch eine Stunde vor seinem Tod hatte Shatah auf dem Kurznachrichtendienst Twitter die Hisbollah kritisiert. Er warf ihr vor, nach der selben politischen und militärischen Vormachtstellung im Libanon zu streben, die Syrien über mehrere Jahrzehnte in dem Land ausgeübt hatte.
Der Tatort liegt nur wenige Meter von dem Ort entfernt, an dem im Februar 2005 der ehemalige libanesische Regierungschef und Vater von Saad Hariri, der Bauunternehmer Rafik Hariri, getötet wurde. In drei Wochen findet der Prozess gegen fünf Hisbollah-Kämpfer statt, die dafür verantwortlich gemacht werden. Die Hisbollah bestreitet die Beteiligung an dem Attentat. Hariris Anhänger machten die syrische Regierung dafür verantwortlich.
In Beirut hatte es in diesem Jahr bereits mehrfach Bombenanschläge gegeben. Die meisten Anschläge ereigneten sich im Süden Beiruts, der eine Hochburg der Hisbollah-Bewegung ist. Bei einem Selbstmordanschlag auf die iranische Botschaft wurden Mitte November mehr als 20 Menschen getötet. Zu dem Attentat bekannte sich die Al-Kaida-nahe syrische Rebellengruppe Abdullah-Assam-Brigaden.
Die Lage im Libanon ist sowohl wegen der inneren Spaltung als auch wegen des Bürgerkriegs im benachbarten Syrien äußerst angespannt. Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR leben derzeit etwa 800.000 syrische Flüchtlinge offiziell im Libanon.