Brasilia. Umweltschützer jubeln kurz vor Olympia: Ein Mega-Kraftwerk mitten im Amazonasgebiet darf nicht gebaut werden. Ein Sieg für die rund 12.000 Indigenas vom Stamm der Munduruku, die um ihre Heimat fürchteten.
Das größte geplante Infrastrukturprojekt Brasiliens, ein gigantisches Wasserkraftwerk im Amazonasgebiet, darf nicht verwirklicht werden. Die Umweltbehörde Ibama verweigerte die für den Bau am Tapajos-Fluss im Bundesstaat Para notwendige Umweltlizenz, wie am Donnerstagabend bekannt wurde. Geplant war dort ein Mega-Staudamm über 7,6 Kilometer Länge, das Wasserkraftwerk sollte über 8.000 Megawatt Leistung haben, das entspricht sechs Atomkraftwerken.
Der indigene Stamm der Munduruku und die Umweltschutzorganisation Greenpeace hatten gemeinsam gegen das von der Regierung geplante Projekt mobil gemacht. Es hätte mit einem Wasserbecken, das fast die Größe New Yorks gehabt hätte, die Lebensgrundlagen der Munduruku und die Heimat vieler Tierarten zerstören können, argumentierten sie.
Proteste gegen Siemens
Zudem drohten hier große Gebiete des Regenwaldes dem Energie-Projekt zum Opfer fallen. Der geplante Staudamm São Luiz do Tapajos markiere einen der neuen Konflikte über die Zukunft des Amazonas-Regenwaldes, kritisierte Greenpeace. Statt auf Wind und Sonne als Energiequelle zu setzen, baue die Regierung im fünftgrößten Land der Welt in einer der artenreichsten Gegenden die Wasserkraft weiter aus - der Anteil am Energiemix Brasiliens liegt heute schon bei rund 70 Prozent.
Es hatte auch Proteste gegen den Siemens-Konzern gegeben, der sich über das Tochterunternehmen Voith Hydro (35-Prozent-Beteiligung) hätte beteiligen können - zum Beispiel bei der Turbinenlieferung. Siemens betonte jedoch: "Das Projekt war nie ausgeschrieben und es konnte somit gar nicht zu einer Lieferantenauswahl kommen".
Greenpeace begrüßte die Entscheidung. In den letzten Monaten hätten sich über 1,2 Millionen Menschen auf der ganzen Welt gegen das Megaprojekt ausgesprochen. "Das ist ein großer Sieg für die Munduruku, die in der Tapajos-Region leben und deren Traditionen und Rechte durch den Damm massiv bedroht waren. Und für alle, die sich um den Schutz des Amazonas-Regenwalds kümmern", sagte Danicley Aguiar von Greenpeace Brasilien. Möglich ist, dass das für den Bau zuständige Unternehmen Eletrobras einen überarbeiteten Antrag stellt.
Das Projekt ähnelte dem bisher größten, realisierten Vorhaben, dem sich im Bau befindlichen Wasserkraftwerk Belo Monte im Norden des Amazonasgebiets - es soll nach der bis 2019 geplanten Fertigstellung eine Leistung von 11.233 Megawatt haben und bis zu 60 Millionen mit Energie versorgen - auch hier gibt es viel Kritik und Widerstand.
Das Trauma Minas Gerais
Brasilien hat allen Grund, den Versprechungen der Ingenieure skeptisch gegenüberzustehen. Im November 2015 brachen zwei Dämme des riesigen Klärbeckens einer Eisenerzmine bei Bento Rodrigues im Bundesstaat Minas Gerais.
16 Menschen wurden direkt vom Schlamm getötet. Quecksilber, Arsen und zahlreiche andere hochgiftige Stoffe vergifteten den Rio Doce und nahmen den Menschen die Lebensgrundlage. Es wird etwa 100 Jahre dauern, bis die Giftvelastung abgebaut ist.