Seoul/Pjöngjang/Washington. Nordkorea lässt die Muskeln spielen: Wenige Stunden, nachdem der UNO-Sicherheitsrat schärfere Sanktionen verhängt hatte, kündigte das stalinistisch geführte Land den Nichtangriffspakt mit Südkorea von 1991 auf. "Sämtliche Abkommen über einen Angriffsverzicht zwischen dem Norden und Süden werden annulliert", erklärte Nordkorea am Freitag. Der wichtigste bilaterale Nichtangriffspakt zwischen Nord- und Südkorea war im Jahr 1991 unterzeichnet worden. Er soll militärische Zusammenstöße an der Grenze vermeiden helfen.
Auch das Rote Telefon als ständige Verbindung zwischen beiden Staaten wurde von Pjöngjang gekappt. Der Verbindungskanal im Grenzort Panmunjom werde geschlossen. Die Leitung war im Jahr 1971 eingerichtet worden. Der direkte Draht war im Lauf der Jahre bereits zwei Mal unterbrochen worden. Alle Brücken zum Süden hat Nordkorea indes nicht abgebrochen: Beide Seiten halten noch an einem innerkoreanischen Industriepark in der Grenzstadt Kaesong in Nordkorea fest. "Der Betrieb in Kaesong läuft normal", sagte eine Sprecherin des Vereinigungsministeriums in Seoul.
Südkorea bedauerte die einseitige Annullierung der Entspannungsabkommen. Pjöngjang bewege sich auf eine Eskalation zu. Die Atomdrohungen des Nordens wies man in Seoul in scharfem Ton zurück. Das Regime von Machthaber Kim Jong-un werde zugrunde gehen, sollte es Südkorea mit Atombomben angreifen, sagte ein Sprecher in Seoul.
Der UN-Sicherheitsrat hatte sich am Donnerstag auch von der nordkoreanischen Androhung eines Atomschlags gegen die USA nicht beeindrucken lassen. Gut drei Wochen nach dem jüngsten Atomtest Pjöngjangs hatte das UNO-Gremium einstimmig die härtesten Strafmaßnahmen der jüngeren Geschichte der Weltorganisation beschlossen. Dass Nordkorea nun weiter an der Eskalationsschraube dreht, stößt international auf scharfe Kritik und Besorgnis. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton forderte Nordkorea auf, "anstatt von Drohungen das Wohl der Menschen voran zu stellen und einen konstruktiveren Weg zu wählen, indem man wieder auf die internationale Gemeinschaft zugeht". China, das die UN-Sanktionen im Sicherheitsrat mitbeschlossen hat, äußerte sich besorgt und rief zu "Ruhe und Zurückhaltung" auf. Auch Peking, der einzige Verbündete Nordkoreas, geht auf Distanz zu Pjöngjang. "Wenn Nordkorea die Atomtests und Satellitenstarts fortsetzt, ist der Sicherheitsrat gezwungen, einen weiteren Schritt zu tun. Es ist ein Teufelskreis", sagte Professor Cheng Xiaohe von der Volksuniversität Peking.
Kim schwer einschätzbar
Der Nordkorea-Experte Rüdiger Frank zeigte sich besorgt, dass die Situation eskalieren könne - auch da Südkorea nicht mehr bereit sei, mögliche Zwischenfälle "einfach so" zu akzeptieren. "Auch das kleinste Ereignis kann sich sehr schnell ausdehnen", sagte Frank. Die Drohungen von Machthaber Kim Jong-un seien auch deshalb ein Grund zur Besorgnis, weil man über die neue Führung nur wenig wisse.