Zurück in Barkufa wird in Gesprächen schnell klar, dass viele assyrische Kämpfer einen regelrechten Hass auf Araber entwickelt haben: "Unseren arabischen Nachbarn traue ich nicht mehr über den Weg. Sie haben uns alle an IS verraten." Diesen Grundtenor findet man nicht nur bei Assyrern, sondern auch bei Jesiden und Kurden. Entsprechend stiegen die Spannungen, ganze arabische Dörfer werden kollektiv bestraft, wenn sich einzelne Familienmitglieder dem IS anschließen. Es gibt sogar glaubhafte Berichte, dass arabische Häuser dem Erdboden gleichgemacht wurden, um Araber von einer Rückkehr abzuhalten.

Kommandeur Samir macht sich mehr Gedanken über den Ausbau der Miliz: "Wir müssen mehr Unterstützung bekommen, damit wir uns in naher Zukunft nicht mehr auf andere Kämpfer verlassen müssen", meint er. "Wir haben mehr als genug Anfragen von Freiwilligen, aber wir haben weder die Gelder, um diese Freiwilligen auszurüsten, noch würde die kurdische Autonomieregierung eine zu starke assyrische Armee akzeptieren. Doch unser Tag wird kommen."

Während eines Mittagsessens im Hauptquartier der Dwekh Nawsha in Barkufa wird Sargon nachdenklich: "Bisher habe ich niemanden erschossen. Ich hoffe, dass ich auch in Zukunft nicht töten muss, denn ich bin sehr religiös. Manchmal wünsche ich mir, dass das Ganze nur ein schlechter Traum ist und ich aufwache und in meinen Armen ein schönes Mädchen liegt und mich anlächelt. Aber dann wache ich wirklich auf und sehe nur meine Kameraden und unsere Waffen."

Die Fragmentierung der Gesellschaft im Nordirak entlang ethnischer und religiöser Gruppen wie auch deren Militarisierung ist eine der Schattenseiten des aktuellen Kampfes gegen IS. Selbst innerhalb der verschiedenen Gemeinschaften gibt es Spannungen. So existiert neben Dwekh Nawsha die wesentlich größere NPU, die angeblich bis zu 5500 Kämpfer unter Waffen hat (was sich aber nicht verifizieren lässt). Die NPU ist besser mit der assyrischen Diaspora vernetzt und führt militärische Operationen oft in Abstimmung mit der irakischen Armee durch - denn die NPU sieht die irakische Zentralregierung als einzige echte Schutzmacht. Gleichzeitig gibt es auch bei den Jesiden und Kurden untereinander konkurrierende Milizen. Und sollte der gemeinsame Feind IS irgendwann einmal besiegt sein, droht eine Entwicklung wie in Afghanistan, wo einander die Kriegsherren gegenseitig bekämpfen.