Rabia an der syrisch-irakischen Grenze ist eine Zumutung. Berge von Müll, heruntergekommene Häuser, rostige Autos und Eisenbahnwaggons, die Straßen ohne Asphalt. An den Straßenrändern rinnen Abwässer, die in der Ortsmitte zu einem See zusammenlaufen. Hier spielt sich seit Jahren ab, was sich zu großer Politik in der Region ausgewachsen hat. In den vergangenen Monaten ging die Kontrolle über den Grenzübergang in der irakischen Provinz Nineve beständig hin und her. Mal kontrollierte IS, mal die irakische Armee, jetzt die kurdischen Peschmerga.

Doch wichtiger als der Grenzübergang selbst sind die Felder und Wiesen links und rechts - die sogenannte grüne Grenze. Schon immer wurde hier geschmuggelt: Zigaretten, Alkohol, Luxusgüter, Technologie. Alles, was im Irak wegen des Embargos in den 1990er Jahren nicht zu haben war, wurde hier verschoben. Auch Menschen gingen hin und her. Die Stammesgesellschaften Syriens und Iraks haben das von Großbritannien und Frankreich 1916 geschlossene Sykes-Picot-Abkommen mit den willkürlich gezogenen Grenzen eigentlich nie akzeptiert. Mitglieder einer der größten Stämme im Irak - Schammar - leben auch in Syrien und Jordanien. Handel und Wandel über die Grenzen hinweg blieb Tradition. Als die Zentralregierungen in Bagdad und Damaskus immer schwächer wurden, verstärkte sich das Treiben an den Nahtstellen der beiden Länder.

Iraks drittgrößte Stadt Mossul, 80 Kilometer von Rabia entfernt, entwickelte sich zum Waffenumschlagsplatz. Als die US-Soldaten Ende 2011 aus dem Irak abzogen, wurden in Rabia nicht mehr nur Zigaretten und Alkohol geschmuggelt, sondern Kalaschnikows, Panzerabwehrraketen, Sturmgewehre, Molotowcocktails und jede Menge Sprengstoff.

Mit Dollars aus Saudi-Arabien und Katar deckten sich sunnitische Kämpfer mit Militärgerät ein, die Schiiten bekamen Rial aus Teheran. Selbst in der mehrheitlich von Sunniten bewohnten Provinz Anbar fand man iranisches Geld bei toten Kämpfern. Ein Stellvertreterkrieg zwischen Iran und Saudi-Arabien um die Vormachtstellung in der Region war längst entbrannt, auch wenn er während der Anwesenheit der Amerikaner im Irak nicht voll zum Ausbruch kam. Hinter vorgehaltener Hand bestätigen indes US-Militärs, dass von Anfang an auch mit saudischem Geld Waffen gekauft wurden, die dann Amerikaner töteten. Offen zugegeben wurde dies nicht. Die Saudis gelten als Verbündete Washingtons und des Westens.