Beirut. "Kläglich versagt " - so lautet das Urteil von Amnesty International zur Handhabung der aktuellen Flüchtlingskrisen durch die internationale Gemeinschaft. In einem am Montag in der libanesischen Hauptstadt Beirut vorgestellten Bericht wirft die Menschenrechtsorganisation der Weltgemeinschaft schwere Versäumnisse bei der humanitären Hilfe vor und fordert einen Krisengipfel.

Der Lage der Flüchtlinge sei bisher nicht genügend Aufmerksamkeit gegeben worden, beklagt Amnesty-Generalsekretär Salil Shetty. Deswegen seien Millionen zu einem Leben in Elend und Tausende zum Tode verdammt. Weltweit seien mehr als 50 Millionen Menschen auf der Flucht.

Aufruf zur Aufteilung der Flüchtlinge

Rund eine Million Flüchtlinge sind dem Bericht zufolge derzeit dringend auf eine Aufnahme in sicheren Ländern angewiesen. In Syrien wurde mehr als die Hälfte der gesamten Bevölkerung vertrieben. Vier Millionen Syrer flohen aus dem Land. Die überwiegende Mehrheit von 95 Prozent von diesen befinden sich in den Nachbarstaaten Türkei, Libanon, Jordanien, Irak und Ägypten. Die Welt dürfe Länder wie die Türkei oder den Libanon, die die größte Last trügen, nicht länger alleine lassen, heißt es in dem Amnesty-Bericht.

Aus Afrika südlich der Sahara seien mehr als drei Millionen Menschen auf der Flucht. Zu den Strömen aus den langjährigen Krisenherden Somalia, dem Sudan und Kongo kämen Hunderttausende, die ihre Heimat im Südsudan, der Zentralafrikanischen Republik, Nigeria oder Burundi verlassen mussten. Viele von diesen machen sich auf den Weg Richtung Europa.

Heuer bereits 1865 Flüchtlinge im Mittelmeer ertrunken

Dabei riskieren sie ihr Leben. Im Mittelmeer ertranken den Angaben zufolge 2014 rund 3500 Menschen, 2015 sind es bereits 1865. Der dramatische Anstieg der Toten sei auch auf die Entscheidung von Italien und der EU zurückzuführen, das Seenotrettungsprogramm "Mare Nostrum" Ende 2014 durch eine beschränktere Mission zu ersetzen.

Auch angesichts des Flüchtlingsdramas in Südostasien, wo im Mai Tausende Menschen in überfüllten Booten auf dem Meer trieben, ohne dass ein Land sie aufnehmen wollte, schlägt Amnesty Alarm: "Die Krisen in Europa und Südostasien haben gezeigt, dass die Regierungen bereit sind, rechtliche Verpflichtungen und humanitäre Erfordernisse zu ignorieren." Die meisten Todesfälle wären demnach vermeidbar gewesen.