Wien/Teheran/Washington. (reuters/apa) Der mehr zwölf Jahre alte Streit über das iranische Atomprogramm droht trotz einer im April unterzeichneten Grundsatzvereinbarung wieder festzufahren. Am Montag, einen Tag vor Ablauf der neuen Frist für eine Einigung, zeichnete sich weiter kein Durchbruch ab. "Es ist noch nichts klar", sagte der iranische Außenminister Mohammad Dschawad Sarif in Wien. In Verhandlungskreisen hieß es übereinstimmend, gestritten werde unter anderem über den iranischen Wunsch, ballistische Raketen weiterzuentwickeln.

Am heutigen Dienstag soll die bereits einmal verlängerte Frist für eine Einigung der fünf Vetostaaten des UN-Sicherheitsrates und Deutschlands mit dem Iran auslaufen. Die Sechser-Gruppe verdächtigt den Iran, unter dem Deckmantel eines zivilen Nuklearprogramms Atomwaffen zu entwickeln. Der Iran bestreitet das, lässt aber internationale Kontrollen seiner Atomanlagen nicht zu. Die Vereinten Nationenhaben deswegen Sanktionen gegen die Islamische Republik verhängt.

"Die Iraner wollen, dass die Sanktionen gegen ballistische Raketen aufgehoben werden", sagte ein Vertreter westlicher Staaten zur Nachrichtenagentur Reuters. Aus Sicht der Iraner gebe es keinen Zusammenhang zwischen Raketen und Atomprogramm. "Diese Sichtweise ist für uns kaum zu akzeptieren." Ballistische Raketen können als Träger für Atomsprengköpfe eingesetzt werden.

Erneute Verlängerung?

"Der Westen fordert nicht nur, dass die Sanktionen (gegen die Raketen) bestehen bleiben, er will, dass der Iran sein Programm einstellt", sagte ein Vertreter der iranischen Delegation. "Aber der Iran besteht auf seine Rechte und fordert, dass alle Sanktionen, auch die gegen ballistische Raketen, aufgehoben werden sollten." Ein Mitglied der iranischen Verhandlungsdelegation sagte Reuters unter der Bedingung, anonym zu bleiben, sein Land fordere generell ein Ende der Exportverbote für Rüstungsgüter.

Insgesamt seien von sieben weiterhin fünf Streitpunkte auf dem Tapet, erklärten Diplomaten gegenüber der APA. Die schwierigsten Brocken habe man sich für den Schluss aufgehoben.

Möglicherweise können die Verhandlungen noch bis Donnerstag verlängert werden. Spätestens dann muss US-Präsident Barack Obama eine mögliche Einigung dem Kongress im Washington vorlegen, um eine verkürzte Beratungszeit von 30 Tagen nutzen zu können. Bei einer späteren Einigung hätte der Kongress 60 Tage Zeit für eine Entscheidung. Nach Ansicht von Beobachtern steigt jedoch die Gefahr der Ablehnung einer Einigung, je länger diese debattiert wird.