Caracas. Nach scharfer nationaler und internationaler Kritik nahm der Oberste Gerichtshof in Venezuela zwar sein Urteil zur Entmachtung des Parlaments zurück. Die Wogen sind damit aber nicht geglättet: Die Opposition kritisierte den Schritt als bedeutungslos. Sie fordert die Absetzung der zuständigen sieben Richter. "Diese Richter können nicht unbestraft bleiben", sagte der Vizepräsident der Nationalversammlung, Freddy Guevara.

Er kündigte für Dienstag eine Großkundgebung der Opposition in der Hauptstadt Caracas an. Ziel der Rücknahme des Urteils sei eine Beruhigung des Volkes, "sie wollen uns betrügen, wir sollen denken, jetzt ist alles wieder gut". Zuvor hatte bereits Parlamentspräsident Julio Borges betont, mit der Rücknahme sei es nicht getan, seit Monaten sei ein Staatsstreich auf Raten im Gange.

Auch die Aufhebung der Immunität wurde rückgängig gemacht. Zuvor hatte der Sicherheitsrat unter Vorsitz des sozialistischen Präsidenten Nicolas Maduro die Überprüfung der Urteile des von den Sozialisten kontrollierten Gerichts gefordert. Daraufhin erfolgte die Rücknahme der Urteile, die Generalstaatsanwältin Luisa Ortega Diaz in einem ungewöhnlichen Schritt als "Verfassungsbruch" bezeichnet hatte.

Angeblich haben die Richter auf Anweisung Maduros die Urteile wieder zurückgenommen. Das Hin und Her rund um die Urteile ist laut Medienberichten einem Machtkampf innerhalb der sozialistischen Partei geschuldet.

Die Hauptfront für Maduro, unter dessen Amtszeit sich das Land in ein Armenhaus verwandelt hat, verläuft aber im Kampf gegen die Opposition. Diese will den Präsidenten entmachten, dem sie nicht nur die Wirtschaftsmisere vorwirft, sondern auch, dass er mit seiner Partei eine Diktatur errichten will. Maduro wiederum versucht, die Opposition zu kriminalisieren.