Wien. Mexiko dürfte vor einem politischen Umbruch stehen. Die Präsidenten- und Parlamentswahlen am Sonntag (1. Juli) werden dem Land aller Voraussicht nach einen Linksruck bescheren. Die seit Jahrzehnten regierende Partei PRI, die sich den Ruf massiver Korruption eingehandelt hat, dürfte abgewählt werden. Für das Präsidentenamt sagen Umfragen einen deutlichen Sieg des Linkskandidaten Andres Manuel Lopez Obrador voraus.
Präsident Enrique Pena Nieto scheidet nach sechs Jahren im Amt turnusmäßig aus. Neben dem neuen Staatsoberhaupt werden am Sonntag der gesamte Kongress, acht Gouverneure und rund 1.600 Bürgermeister gewählt. Im Vorfeld herrschen Chaos, Gewalt und Blutvergießen. Seit dem vergangenen Herbst wurden mehr als 130 Politiker bei Attentaten getötet. Denn auch die Unterwelt ordnet sich neu.
Massive Gewalt gegen Lokalpolitiker
Die Gewalt in der Vorwahlzeit richten sich vor allem gegen Lokal-und Regionalpolitiker, wie aus einem Bericht der mexikanischen Sicherheitsberatungsorganisation Etellekt hervorgeht. Opfer sind demnach zumeist Kandidaten der Opposition in der jeweiligen Region. Es handle sich um den gewalttätigsten Wahlkampf seit mehr als 20 Jahren, sagt Etellekt-Direktor Ruben Salazar. Kriminelle Gruppen versuchen auf die regionalen Regierungen einzuwirken. Mehr als 1.000 Politiker sollen ihre Kandidatur einem Zeitungsbericht zufolge zurückgezogen haben.
Die Welle der Gewalt, die vielfach von mächtigen Drogenkartellen ausgeht, macht aber auch vor dem Rest der Bevölkerung nicht Halt. Die Kriminalität ufert aus. Mit über 26.000 Morden war das vergangene Jahr das blutigste in der jüngeren Geschichte Mexikos. Die Rekord-Mordrate dürfte heuer nach Regierungsangaben noch übertroffen werden.
Unklar, wie "Amlos" Politik aussieht
Für das Amt des Präsidenten liegt Obrador, nach seinen Initialen auch "Amlo" genannt, seit Monaten in der Wählergunst deutlich vorne. Er kandidiert für die von ihm gegründete Partei "Bewegung zur Nationalen Erneuerung", kurz "Morena". Seit Monaten ist aber auch unklar, wie seine Politik genau aussehen wird. Er kündigte ein Ende des "Neoliberalismus" an, ohne jedoch Einzelheiten zu nennen.
Der Politiker stellte etwa die Öffnung der Öl- und Erdgasbranche für private Investoren infrage, die aber den Kern der Wirtschaftsreform des Amtsinhabers Pena Nieto bildete. Das macht Händler und Analysten nervös. Parallel dazu versicherte Obrador Investoren vor wenigen Wochen, dass er keine radikale Wirtschaftsreform plane. Anfang Juni sprach er bei rund 65 Investmentfonds vor, um diese zu beruhigen.