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Trumps Fluch lastet auf der iranischen Wirtschaft

Von Michael Schmölzer

Wirtschaft

Seit 5. November sind US-Sanktionen in Kraft. Österreichische Firmen zogen überstürzt ab.


Wien/Teheran. Der Atomdeal war unter Dach und Fach, die Sanktionen aufgehoben - Irans Wirtschaft voll der Hoffnung und positiver Erwartungen. Doch dann kam Donald Trump - und alles wurde anders. Der US-Präsident ist unilateral aus dem Abkommen ausgestiegen, seit dem 5. November ist Teheran mit umfassenden Strafmaßnahmen der US-Amerikaner konfrontiert.

Noch ist es zu früh, die genauen Auswirkungen zu beziffern. Klar ist: Die Sanktionen treffen den islamischen Gottesstaat und damit österreichische Firmen, die dort geschäftlich tätig sind.

Das kann der Wirtschaftsdelegierte der WKO in Teheran, Christoph Grabmayr, nur bestätigen. Für den Iran sei das ganze Jahr 2018 wirtschaftlich "kein gutes" gewesen, so Grabmayr. Die Währung Rial habe seit Jänner zwei Drittel ihres Wertes verloren - was für Irans Importeure "ein Malheur" sei. "Die Businesspläne wurden über den Haufen geworfen", immerhin liege der lokale Verkaufspreis zahlloser Güter jetzt unter den Kosten der zur Fertigung notwendigen Rohmaterialien. Um die heimische Wirtschaft zu schützen, gebe es mehr als 1000 Einfuhrverbote.

"Wagenburg-Mentalität"

Die US-Sanktionen hätten vor allem Auswirkungen auf den internationalen Zahlungsverkehr, wobei Nicht-US-Banken sehr wohl weiterhin Geschäfte machen dürften. "Die meisten Banken, auch österreichische, haben in vorauseilendem Gehorsam das Geschäft eingestellt", so der Wirtschaftsdelegierte. "Das war gar nicht notwendig." In der Tat seien die US-Sanktionen "schwächer" ausgefallen als befürchtet, auch wäre in vielen Fällen noch nicht klar, welche Bereiche wie betroffen wären. Zwölf iranische Privatbanken wären jedenfalls von den Sanktionen ausgenommen, Nicht-Amerikaner könnten also Zahlungen durchführen, wenn das zugrunde liegende Geschäft den US-amerikanischen Sanktionsbedingungen entspreche.

Der humanitäre Bereich ist von den Maßnahmen ausgenommen. Lebensmittel, Medikamente und der gesamte medizinische Bereich fallen nicht darunter. "Hier sind finanziell attraktive Geschäfte für Österreich möglich", freut sich Grabmayr.

Was nichts an der Tatsache ändert, dass der Iran tief in der Rezession steckt. Die Wirtschaft ist 2018 um 4,6 Prozent geschrumpft und "das wird im nächsten Jahr nicht anders sein", weiß Grabmayr. Der Fluch Washingtons lastet schwer über dem Land: "Gegen den erklärten Willen der Vereinigten Staaten zu handeln, ist für europäische Politiker ein No-Go", bringt es der WKO-Delegierte auf den Punkt.

Stellt sich die Frage, ob Trump mit den Maßnahmen sein eigentliches Ziel - einen Regimewechsel im Iran - erreicht. Es gäbe schon Unzufriedenheit im Land, so Grabmayr auf Frage der "Wiener Zeitung". Zuletzt hätten die Lkw-Fahrer wegen der Gebühren für Transportlizenzen und Krankenschwestern wegen nicht ausgezahlter Löhne protestiert. Dabei handelt es sich aber um "lokale Aktionen": "Flächendeckend organisierten Widerstand gibt es nicht." Beobachtbar sei die Ausbildung einer "Wagenburg-Mentalität", die führenden Akteure wären hier der Klerus und die Revolutionsgarden. "Opposition wird mit Landesverrat gleichgesetzt", so Grabmayr. Ökonomisch bedeute das, dass die mit den besten Kontakten zu den Machthabern jetzt profitieren würden.

Entscheidend wird wohl sein, in welchem Umfang die USA Sanktionen gegen die Ölindustrie verhängen. Laut Trump soll das "schrittweise" geschehen, um die Ölpreise nicht schockartig nach oben zu treiben. Laut Grabmayr könne ein Lieferant aber nicht so einfach gegen einen anderen ausgetauscht werden. Das sei technisch aufwendig und würde Millionen an Euro kosten.

"Positives Bild von Österreich"

Wobei es im Iran ganz klar einen Österreich-Bonus gibt, wie Grabmayr sagt. "Die Iraner haben ein sehr positives Bild von Österreich, hier hat man die Hilfe für Opfer der Gasangriffe im iranisch-irakischen Krieg nicht vergessen."

Der Wirtschaftsdelegierte in Teheran verweist zudem auf die große und erfolgreiche iranische Diaspora im Ausland, "alleine in Kalifornien leben ungefähr eine Millionen Iraner". In Österreich wären rund 2000 Ärzte aus dem Iran. Viele andere hätten gerne in Österreich einen Zweitwohnsitz - derzeit sei es aber schwierig, hier ein Visum oder ein Konto zu bekommen.