Buenos Aires. Der Schnee ist aus Watte oder aus der Spraydose, die dunkelgrüne Tanne kommt vom chinesischen Plastikfabrikanten und die "echten Wachskerzen" sind aus Stearin, weil sie sonst in der sommerlichen Hitze weich und krumm würden. Am Freitag, den 21.Dezember, beginnt der Sommer in Argentinien. Und der wird immer heiß. Für den Weihnachtstag sind in Buenos Aires 31 Grad angekündigt.
Das kann schön sein, etwa am Neujahrsmorgen, wenn man die Sektgläser nach fröhlicher Silvesternacht am Rand des Swimmingpools aufstellt und im kühlenden Wasser dort weitermachen kann, wo man in den Morgenstunden aufgehört hat. Wenn man nach den weisen Sprüchen über das Schicksal der Welt im neuen Jahr profane Dinge wie den anstehenden Urlaub erörtert, in Mar del Plata, Villa Gesell oder drüben in Uruguay im feinen Ort Punta del Este. Denn im Jänner beginnt für die Argentinier die Urlaubssaison.
Klamme Geldbörsen statt Urlaubreise
Aber Verreisen steht bei weitem nicht für alle Argentinier auf dem Programm. Die Mehrzahl der 44 Millionen Argentinier fährt 2019 nicht in den Urlaub, oder allenfalls einige wenige Tage. Es wird ein Sommer der "bolsillos flacos", der "schmalen Taschen". Laut einer von "El Cronista" veröffentlichten Umfrage werden 2019 nur 17 Prozent der Argentinier in den Urlaub fahren. Und von denen wollen und können sich nur 39 Prozent eine ganze Woche leisten, 21 Prozent mehr als zwei Wochen und elf Prozent nur einige wenige Tage.
Denn die Wirtschaftskrise hat trotz der Reformpolitik von Präsident Mauricio Macri und der Milliardenhilfe des Internationalen Währungsfonds die Menschen weiter im Griff. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist im dritten Quartal um 3,2 Prozent gesunken, über das Jahr wird mit einem Schrumpfen der Wirtschaftsleistung des Landes um drei Prozent gerechnet.
Präsident Macri erklärte vergangene Woche, dass es 2018 in Argentinien "unaufhörliche Stürme" gegeben habe, "die mit der Dürre begannen sowie dem Rückzug des globalen Kapitals aus den Schwellenländern", zu denen Argentinien gehört. Denn die Anhebung der Leitzinsen in den USA lockte Investoren wieder Richtung Washington.
Einer der schlimmsten Stürme war etwa im April, als die Zehn-Jahres-Anleihen der USA auf einem Vier-Jahres-Allzeit-Hoch waren und damit gleichzeitig die Anleihen von Ländern wie Argentinien zunehmend unattraktiv machten. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtete, dass die argentinische Zentralbank in einem Zeitraum von nur drei Tagen mehr als zwei Milliarden US-Dollar in Fremdwährungsreserven verkaufte, um den Fall des Pesos aufzuhalten. Vergeblich. Die Zentralbank schraubte die Zinsen auf 40 Prozent hoch. Auch das blieb ohne Wirkung.