Zum Hauptinhalt springen

Das Drehen der Schraube: Wie der Handelskonflikt weiter eskaliert

Von Konstanze Walther

Wirtschaft

Nachdem US-Präsident Donald Trump höhere Zölle auf chinesische Importe beschlossen hatte - und China vor einer Vergeltungsmaßnahme warnte -, kam aus Peking prompt eine Antwort. Die Volksrepublik hebt ihrerseits die Zölle an.


Washington/Peking. Kurz vor der chinesischen Gegenmaßnahme gab sich der US-Präsident noch siegessicher: "Wir sind genau dort, wo wir mit China sein wollen", twitterte US-Präsident Donald Trump am Montag, nachdem er am Freitag die Strafzölle auf chinesische Importe erhöht hatte. Dafür hatte es am Wochenende Kritik gehagelt. Sämtliche Experten aus dem In- und Ausland hatten Trump gewarnt, genau das Gegenteil von dem zu bewirken, was er eigentlich bewerkstelligen möchte. Dieser Handelskonflikt würde die US-Wirtschaft nämlich viel stärker treffen als China. Doch Trump will ja nach eigenen Worten die US-Wirtschaft schützen. Und anstatt sich langsam auf ein Abkommen zu einigen (vergangene Woche schien es wieder einmal zum Greifen nah), eskaliert der Streit wieder und wieder.

Auf die neuen Strafzölle vom Freitag auf Waren im Wert von 200 Milliarden Dollar aus den USA konterte China am Montag seinerseits mit neuen Strafzöllen. Betroffen ist eine Produktgruppe im Wert von 60 Milliarden US-Dollar. Die neuerliche Pattsituation in der Weltwirtschaft scheint perfekt.

Wer hat nun Schuld an der jüngsten Eskalation? Das Weiße Haus zeigt mit dem Finger nach China: "Vergesst nicht, die haben den Deal mit uns gebrochen und haben versucht, nachzuverhandeln", verteidigt sich Trump am Montag via Twitter. China verwies darauf, es sei normal zu verhandeln.

Egal: "Wir werden von China dutzende Milliarden Dollar an Zollgebühren bekommen", so Trump: "Und diejenigen, die ihre Produkte sonst aus China bekommen, können es in Zukunft (idealerweise) in den USA produzieren, oder es eben aus Ländern kaufen, die nicht mit Strafzöllen belegt sind."

Sun Tzus Gebote: Gute Sache und wohlwollender Führer

Im Handelskonflikt China gegen USA scheint just der US-Präsident das altchinesische Handbuch der Kriegsführung von Sun Tzu verinnerlicht zu haben. Oberstes Gebot dabei: Die "gute Sache" - denn die Bodentruppen sind nur richtig motiviert, wenn sie das Gefühl haben, für eine gute Sache ins Feld zu ziehen. So wie es die Verteidigung der US-Wirtschaft zu sein scheint.

Ein anderes, wesentliches Gebot von Sun Tzu betrifft die Führung. Der Anführer muss weise und mutig, aber auch streng und wohlwollend sein, sonst werden ihm seine Truppen nicht folgen. Streng aber wohlwollend sind zwei wichtige Elemente von Trumps Twitter-Konto: Man sei kurz davor gewesen, ein "großartiges" Abkommen abzuschließen, dann sei China aber abgesprungen. Das kann nicht ohne Konsequenzen bleiben.

Wo ist hier das Wohlwollende? Gleich im nächsten Tweet zum selben Handelsthema. Der liest sich wie folgt: "Wir werden das Geld, dass China nicht mehr länger für unsere großartigen patriotischen Landwirte ausgibt, ausgleichen, oder sogar verbessern - und zwar mit einem kleinen Prozentsatz der erhaltenen Zollsumme. Wir werden die Nahrungsmittel an hungernde Menschen in Ländern überall auf der Welt verteilen. GROSSARTIG! MAKE AMERICA GREAT AGAIN."

Und während Donald Trump wohlwollend davon träumt, dass die in den USA produzierten Nahrungsmittel (von den patriotischen Farmern) an Hungernde in der ganzen Welt verteilt wird, streiken derweil die Börsen - an der Heimatfront genauso wie im Rest der Welt.

Rezessionsangst steigt weltweit wegen des Handelsstreits

Die jüngste Eskalation belastete die Märkte auf beiden Seiten des Atlantiks und schürte die Furcht vor einer Talfahrt der Konjunktur. "Die Rezessionsgefahren sind definitiv gestiegen, getrieben durch die Unsicherheit, was China und die USA angeht", sagte Justin Onuekwusi, Fondsmanager bei der Legal & General Investment Management.

Seit Juli 2018 überziehen sich China und die USA mit immer höheren Zöllen, was die Weltwirtschaft bereits bremst. Bereits im September 2018 hatte China zusätzliche Zölle von 5 bis 10 Prozent auf 5207 US-Produkte im Wert von 60 Milliarden Dollar erhoben. Nun soll dieser Warenkorb überarbeitet werden und die Zölle sollen auf 20 bis hin zu 25 Prozent angehoben werden. Unter den von China bedrohten Produkten (schlagend werden die Zölle ab 1. Juni) gehören Flüssiggas, Soja-Öl, Erdnuss-Öl, petrochemische Produkte und gefrorenes Gemüse.

Die Zölle zahlen jeweils die jeweiligen Importeure der jeweiligen Produkte - das bedeutet auch: weniger Gewinn. Kein Wunder also, dass die Börsen am Montag weltweit wegen der jüngsten Eskalation absackten.

Besonders betroffen waren unter anderem die Anteilsscheine von Parade-US-Unternehmen wie Apple und Boeing - die stark von chinesischen Importen abhängig sind.