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Trumps nächster Gegner

Von Konstanze Walther

Wirtschaft

US-Präsident Donald Trump definiert sich über seine Widersacher. Nachdem der Handelskrieg mit China kaum noch für Schlagzeilen sorgt, kurbelt Trump seinen Wahlkampf mit einem neuen Gegner an - der Geldpolitik der Eurozone.


Washington/Sintra. Dank der Nähe zum Atlantik herrscht in dem portugiesische Ort Sintra diese Woche ein angenehmeres Klima als im schwülen Mitteleuropa - oder im heißen Florida.

Die Europäische Zentralbank hatte sich also für ihre Notenbankkonferenz diese Woche mit Sintra einen guten Ort ausgesucht. Soweit der Plan. Doch das Datum der Konferenz kollidierte leider mit einer Veranstaltung. Obwohl letztere mehr als 6000 Kilometer entfernt sowie fünf Zeitzonen weiter war. US-Präsident Donald Trump hat nämlich am selben Tag, in Orlando, Florida, seinen Präsidentschaftswahlkampf für 2020 offiziell bekannt gegeben. Und die Rückkehr der Kohlenminen-Jobs hatte er bei seinem letzten Wahlkampf für 2016 schon versprochen, den Handelskrieg mit China ebenso.

Es fehlte also frische Munition. Und die lieferte EZB-Chef Mario Draghi mit seiner Rede in Sintra - wenige Stunden, bevor es in Orlando dann zur Sache ging.

Draghi kündigte an, die Geldpolitik eventuell wieder zu lockern, sollte sich der Zinsausblick nicht bessern. Auch seien Zinssenkungen und zusätzliche Anleihenkäufe denkbar.

Das ist im Grunde nichts Neues - schon bei der vorangegangenen EZB-Pressekonferenz vor knapp zwei Wochen hatte Draghi Ähnliches angedeutet. Doch das war dem US-Präsidenten damals egal. Diesmal nicht. "Das ist unfair", twitterte der US-Präsident und verwendete das Wort "unfair" gleich dreimal im Zusammenhang mit der EZB-Konferenz. Unfair, weil die Aktienkurse in Europa, etwa der deutsche DAX stiegen - wegen Draghis Bemerkungen. Unfair, weil der Euro gegenüber dem US-Dollar verliert. Unfair, weil dadurch die US-Wirtschaft an Wettbewerbsfähigkeit einbüße. Mit solchen Methoden sei die Eurozone "gemeinsam mit China und anderen jahrelang durchgekommen", twitterte Trump.

Es ist das erste Mal, dass Trump so offen über den Euro-Kurs herzieht. Es ist auch das erste Mal, dass er sich an dem EZB-Direktor so deutlich reibt. Es ist allerdings schon fast Normalität, dass sich Donald Trump in die Währungspolitik der Notenbanken einmischt. Etwas, was in der westlichen Welt als No-Go gilt.

US-Notenbank öffnet die Tür für mögliche Zinssenkung

US-Notenbankpräsident Jerome Powell hat am Mittwochabend nun seine Bereitschaft für Zinssenkungen signalisiert, falls diese notwendig werden sollten. Der wirtschaftliche Gegenwind habe zuletzt zugenommen, sagte Powell am Mittwoch nach der Zinsentscheidung der Fed. Er verwies auf die Unsicherheit durch die Handelskonflikte - die ja zumeist von Washington selbst losgetreten worden sind. 

Grundsätzlich kann der US-Präsident seiner Notenbank nicht die Politik vorschreiben. Was er aber tun kann, ist den Vorsitz der Notenbank neu zu besetzen. Das Austauschen bei Dissonanz ist eine der wenigen Konstanten der Präsidentschaft Trumps. Könnte so ein Währungskrieg in die Politik der Fed Eingang finden?

 Trump kritisierte den Notenbankchef Powell zuletzt unverhohlen, was immer wieder Spekulationen über Powells Abberufung auslöst. Powell sagte auf der Pressekonferenz, dass er seine vierjährige Amtszeit erfüllen wolle.

 Donald Trump will pikanterweise, dass die Fed in Sachen Geldlockerung die Politik der EZB macht. Spätestens hier wird klar, was Trump meint, wenn er das Wort "unfair" verwendet. Bezugspunkt sind immer die USA. Wenn die Fed nicht ihr eigenes Anleihenkaufprogramm zurückgefahren hätte, dann wären die Börsen bis zu 10.000 Punkte weiter oben und das Bruttoinlandsprodukt der USA wäre um mehr als einen Prozentpunkt weiter oben. Trump hatte zudem die Senkung des Leitzinses gefordert. "Dann würden wir abgehen wie eine Rakete", trommelte Trump im April.

Angesichts der vergangenen Handlungen Trumps ist eine etwaige (Nach-)Besetzung mit willfährigen Figuren an der Fed-Spitze nicht gänzlich von der Hand zu weisen. Dann könnte die US-Notenbank mit der von Trump gewünschten Abwertung des Dollars beginnen, um etwaige Wettbewerbsnachteile auszugleichen, oder vielleicht sogar noch welche zu generieren. Ein internationaler Aufschrei wäre gewiss. Allerdings hat das Trump in der Vergangenheit auch wenig beeindruckt.

Doch nicht jede Ankündigung Trumps wird Wirklichkeit. Die Kohlejobs in den USA stagnieren nach wie vor. Und auch wenn der Handelskonflikt der USA mit China und Europa in voller Blüte ist, so bleiben die Erfolge aus. Jedenfalls kann man damit derzeit keinen Wahlkampf bestreiten. Eine weitere Erklärung, weshalb sich Trump nun der Geldpolitik widmet, die in den USA seines Erachtens zu wenig interventionistisch ist - und in der Eurozone zu stark.