Autobauer fürchten Labour mehr als No-Deal

Besonders gefährdet ist der Automobilsektor. Er ist abhängig von Lieferketten, auf die Teilprodukte müssen Zölle erhoben werden, hinzu kommt der bürokratische Aufwand. "Die Handels- und Produktionskosten werden höher", sagt Hantzsche, "einiges wird nicht mehr angeboten werden, weil es unter anderen Regeln produziert werden muss und sich das nicht mehr lohnt".

Die Märkte, so viel ist klar, sind nicht erfreut über den Brexit. Doch es gibt scheinbar sogar für die Automobilbranche schlimmeres als den drohenden EU-Austritt ohne Abkommen. Kesberg, der Wirtschaftsdelegierte der WKO, saß vor kurzem mit Vertretern der britischen Automobilhersteller zusammen. Wovor sie eigentlich mehr Angst hätten, fragte Kesberg: Vor einem No-Deal-Brexit oder davor, dass die Labour-Partei unter dem weit links stehenden Jeremy Corbyn die nächste Regierung stellt. "Da war Stille im Raum", sagt der Wirtschaftsdelegierte. "Sie haben mich darauf hingewiesen, dass sie die Frage nicht beantworten können beziehungsweise, dass die Antwort ist: vor einer Labour-Regierung."

Eine Armada von Anwälten und Beratern

Das kann auch daran liegen, dass große Autobauer wie BMW vergleichsweise gut auf den Brexit vorbereitet sind. "Die großen Unternehmen haben sich informiert, sie haben Leute eingestellt, Lagerbestände aufgebaut und sich alternative Transportrouten überlegt", sagt Kesberg. Doch im Gegensatz zu den Autobauern, die eine Armada von Anwälten und Beratern bezahlen, um sich auf alle möglichen Szenarien vorzubereiten, fehlen kleineren Firmen die personellen und finanziellen Kapazitäten. Hinzu kommt, dass die Firmen nicht wissen, worauf genau sie sich eigentlich vorbereiten sollen. Ursprünglich sollte das Königreich die EU am 31. März verlassen, doch der Brexit wurde bereits zwei Mal verschoben. "Es macht sich auch eine gewisse Müdigkeit breit", sagt Kesberg. "Die Firmen bereiten sich jetzt zum dritten Mal auf etwas vor."

Und wer weiß - am Ende wird der EU-Austritt möglicherweise ein drittes Mal verschoben - und die Lastwägen fahren auch am 1. November ungestört von Dover nach Calais.