Noch sind sie voll, doch am Donnerstagabend dürften die Regale mit den Schoko-Nikolos leer sein. Vor dem 6. Dezember kaufen die Österreicher besonders viel Schokolade. Dabei sind sie diesbezüglich unter den Europäern relativ zurückhaltend. Mit einem Pro-Kopf-Jahreskonsum von 0,8 Kilo liegt Österreich laut dem Statistikportal Statista weit unter dem europäischen Durchschnitt, während unsere Nachbarn Deutschland (11 Kilo) und Schweiz (9,7 Kilo) das Spitzenfeld anführen.

Gerade die Schweiz gilt ja als das Land der Schokolade, seit diese dort ab dem frühen 19. Jahrhundert produziert und mit Milch verfeinert wurde (die allererste Milchschokolade kam allerdings aus Dresden). Die Schweiz, selbst keine Kolonialmacht, war dabei Nutznießer der Ausbeutung der Kolonien, die den Kakao lieferten.
Dieser wächst nur in einem schmalen Band entlang des Äquators. Er braucht gute Böden, viel Wasser, mindestens 16 Grad, aber auch Schatten und verrottendes Laub für die Mücken und kleinen Fliegen, die ihn bestäuben. Als Urheimat der Theobroma cacao ("Götterspeise") gelten Mexiko, Venezuela und Ecuador. Heute liegen die Hauptanbaugebiete in Westafrika und Südostasien.
Gefährliche Arbeit von Kindern ab 5 Jahren
Die Arbeitsbedingungen auf den Plantagen sind auch im Jahr 2019 teils sehr schlecht. Allein in Ghana und der Elfenbeinküste arbeiten in der Kakao-Produktion rund zwei Millionen Kinder, von denen sehr viele zwischen 5 und 12 Jahren alt sind. Ihre Arbeit ist nicht nur körperlich schwer, sondern auch gefährlich: Sie schlagen die Schoten mit Macheten auf und kommen mit Insektiziden in Berührung - viele ihrer Tätigkeiten sind eigentlich gemäß der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO/ILO) für unter 17-Jährige strengstens verboten.
Den Schoko-Konzernen ist das bewusst. Sie haben sich zunächst in einem Abkommen 2001 und dann 2010 erneut für ein Ende der Kinderarbeit im Kakao-Anbau bis 2020 verpflichtet - jedoch sind Kinderrechtsaktivisten und Gewerkschafter pessimistisch. "18 Jahre nach dem Harkin-Engel-Protokoll müssen wir feststellen, dass Kinderarbeit noch immer gang und gäbe ist und sich die Lage der Kleinbauern nicht ausreichend verbessert hat", sagt Stefan Grasgruber-Kerl von Südwind. Dabei könnte laut Agrarökonomen der University of Arkansas schon ein geringer Preisanstieg bei Kakao dazu beitragen, die schwersten Formen von Kinderarbeit auf Farmen in Afrika zu vermeiden. Mit Geldhilfen könnten die Farmer auch ohne Einsatz ihrer Kinder dasselbe Einkommen erzielen.
Faire Schokolade-Tafeln in Supermärkten
Auch in Deutschland sieht es derzeit noch nicht allzu gut aus, was faire Schokolade betrifft. Die Rewe Group (Billa, Merkur, Penny) startet dort nächstes Jahr als erster Lebensmittelhändler ein Projekt für existenzsichernde Einkommen im Kakaosektor. In Kooperation mit dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und Fairtrade werden ab Herbst 2020 bei Rewe und Penny verschiedene Sorten Fairtrade-Tafelschokolade verkauft, deren Lieferkette vollständig rückverfolgbar ist. In Österreich sollen die Produkte ab Ende 2020 in den Regalen verfügbar sein.
Der Kakao dafür wird ab sofort durch die Kooperative "Fanteakwa" in Ghana geerntet. Die Kakaobauern erhalten neben den jeweiligen Fairtrade-Prämien und -Mindestpreisen einen monetären Aufschlag in Form eines sogenannten Living Income Differentials. Ziel des Gemeinschaftsprojektes ist es, die wirtschaftliche Unabhängigkeit der Bauern in der Kooperative "Fanteakwa" innerhalb weniger Jahre maßgeblich zu verbessern und ihnen zu ermöglichen, aus den Einnahmen ihrer Landwirtschaft ein existenzsicherndes Einkommen zu erzielen. Auch weitere westafrikanische Kleinbauern-Kooperativen werden in das Projekt eingebunden.