Zum Hauptinhalt springen

Iran: Handel durch Umwege

Von Birgit Svensson

Wirtschaft
Der Schaden, den die US-Sanktionen im Iran verursachen, ist schon jetzt enorm hoch.
© Reuters

Die Reformer im Iran haben keine Chance mehr. Das jetzt unterschriftsreife erste Instex-Geschäft kommt für sie zu spät.


Die Iraner wählen heute ein neues Parlament. Doch die Wahl ist eine Farce, was auch der noch amtierende Regierungschef Hassan Rohani deutlich machte. Er nannte sie einen Witz. Er, der einst als Reformer galt, hat keine Chance auf eine Wiederwahl. Die Hardliner haben schon gewonnen. Im Vorfeld disqualifizierte der ultrakonservative Wächterrat knapp die Hälfte der Kandidatinnen und Kandidaten. Diese beispiellose Intervention hat es im Iran noch nie gegeben. Es ist davon auszugehen, dass kaum jemand an den Wahlurnen erscheinen wird. Mitten in den Untergang der Reformer platzt eine Nachricht, auf die Rohani lange gewartet hat und die ihm das politische Überleben hätte sichern können.

Das längst überfällige erste Instex-Geschäft steht vor dem Abschluss. Ein kleines, wie es aus Insiderkreisen in Teheran heißt, aber immerhin. Seit gut einem Jahr besteht die Agentur der Europäer, die die Sanktionen der USA gegen den Iran umgehen soll. Doch geschehen war bisher nichts. Nicht weniger als die Rettung des Atomabkommens sollte das von der EU erdachte Instrument leisten, nachdem US-Präsident Donald Trump 2018 einseitig ausgestiegen war. Über Instex soll der Zahlungsverkehr bei Iran-Geschäften abgewickelt werden. Firmen sollen so vor US-Sanktionen geschützt werden. Instex steht für "Instrument in Support of Trade Exchanges", also: Instrument zur Unterstützung des Handels. Adresse: Rue de Bercy 139, Paris. Ein Brite ist der Manager, ein Deutscher der Präsident. Ansonsten sitzen Ministerialbeamte der drei Außenministerien im Aufsichtsrat. Sechs weitere Staaten sind Ende November der Agentur beigetreten: Belgien, Dänemark, Finnland, die Niederlande, Norwegen und Schweden.

Iran kann sein Öl nicht verkaufen

Ob Instex den Niedergang der iranischen Wirtschaft abfangen kann, bleibt fraglich. Denn der Schaden, den die Sanktionen verursachen, ist schon jetzt enorm hoch. In allen Bereichen der Wirtschaft ist eine Verschlechterung zu verzeichnen. Besonders die medizinische Versorgung leidet. Allerdings ist in Teheran zu erfahren, dass die iranische Regierung für lebenswichtige Medikamente derzeit noch keine Importgenehmigungen erteile. Das Mullah-Regime hatte offensichtlich nicht damit gerechnet, dass es nicht in der Lage sein werde, sein Öl weiterhin zu verkaufen. Vor eineinhalb Jahren hat Teheran noch insgesamt 2,5 Millionen Fass pro Tag verkauft. Jetzt liegt der Verkauf bei 300.000 bis 500.000 Fass pro Tag, und selbst das läuft nicht alles über offizielle Kanäle. Die im iranischen Budget bereits eingeplanten Erlöse sind also nicht so hoch ausgefallen wie erwartet. Auf der Einnahmenseite hat der Iran somit ein massives Problem, und im nächsten Kalenderjahr, das am 21. März beginnt, sind im Staatsbudget auch keine Einnahmen aus dem Ölgeschäft mehr eingerechnet. Der Effekt ist also sehr schnell eingetreten. Im Mai 2019 sind die letzten US-Ausnahmegenehmigungen für acht Staaten, die noch Öl importieren durften, gefallen.

Die USA machen "maximalen Druck", wie Trump seine Iranstrategie nennt, und legen damit den gesamten Ölhandel Irans lahm. Da die europäische Wirtschaft sehr stark mit den USA verflochten ist, wird ein Umgehen der Sanktionen äußerst schwierig. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte es Anfang September versucht und eine Kreditlinie von 15 Milliarden Dollar für den Iran angekündigt, die auf Öllieferungen basieren sollte, die aber nie gekommen ist. Denn nur drei Wochen später brannten Ölfelder in Saudi-Arabien. Für den Angriff beschuldigte die US-Regierung den Iran. Auch Frankreich, Deutschland und Großbritannien, die Gründer von Instex, hielten den Iran für schuldig. Dass die jemenitischen Huthis den Anschlag in Saudi Arabien verübten, wie sie vorgaben, glaubte niemand.

Der Agentur bleiben nur noch Tauschgeschäfte

Knapp eine Woche nach den Angriffen auf die Ölanlagen verhängten die USA neue Sanktionen gegen Irans Zentralbank und Staatsfonds wegen angeblicher Finanzierung terroristischer Aktivitäten. Die USA warnten alle Regierungen, nicht mehr mit Irans Zentralbank zu kooperieren. Der Deal Macrons mit Teheran war vom Tisch.

Ob Instex jemals Geschäfte in diesem Umfang wird abwickeln können, bleibt ungewiss. Denn der Agentur bleiben nur noch Tauschgeschäfte, nachdem der Finanztransfer mit Iran durch die internationale Vernetzung und den Einfluss der USA fast ganz zum Erliegen kam. Doch für Tauschgeschäfte hat der Iran nicht viel mehr als Öl zu bieten. Das Verhältnis der sonstigen Warenströme bezeichnet ein Mitglied von Instex, das seinen Namen nicht genannt haben möchte, als 20 zu 80. Die Europäer exportierten vier Mal mehr in den Iran als von dort importiert wurde. Nur Griechenland und Italien kauften iranisches Öl. "Wir überlegen jetzt, ob wir als Warenvermittler tätig werden können", sagt der Instex-Informant, "dass wir iranische Medizintechnik, die für den Westen nicht geeignet ist, nach Afrika verkaufen und dafür westliche Produkte in den Iran liefern." Es würden derzeit verschiedene Modelle angedacht, die aber noch nicht spruchreif seien. Das Problem mit Instex seien aber nicht so sehr die Iraner, sondern die Europäer. Solange Großbritannien im Aufsichtsrat ist, sitzen auch die USA mit am Tisch. Die Briten hätten von Anfang an verzögert. Nach dem Austritt Großbritanniens aus der EU würde es wahrscheinlich noch schlimmer.