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Tiefe der Rezession ungleich verteilt

Von Bernd Vasari

Wirtschaft

EU-Kommission prognostiziert enorme Unterschiede zwischen den Regionen bei Rückgang der Wirtschaftsleistung.


Was als lokaler Ausbruch einer bisher unbekannten Virusinfektion Ende 2019 begann, hat sich schnell auf der ganzen Welt verbreitet und die Volkswirtschaften an den Rande des Abgrunds gebracht. "Europa erlebt einen wirtschaftlichen Schock, der seit der Großen Depression ohne Beispiel ist", sagte vor kurzem Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni. Die EU-Kommission geht von einem Einbruch der EU-Wirtschaftsleistung um 7,4 Prozent im laufenden Jahr aus. Die Tiefe der Rezession dürfte aber ungleich ausfallen, wie regionale Zahlen zeigen, die der "Wiener Zeitung" vorliegen.

Laut der Gemeinsamen Forschungsstelle (JRC) der Europäischen Kommission werden die Auswirkungen der Corona-Krise auf das regionale Bruttoinlandsprodukt (BIP) in vier Ländern am stärksten sein. Fünf Regionen in Griechenland, vier in Italien, zwei Regionen in Rumänien und eine in Finnland müssen sich auf ein Minus zwischen 22,4 bis minus 25,6 Prozent gefasst machen (siehe Karte).

Für Österreich BIP-Minus von 5,5 Prozent erwartet

Ökonom Andrea Conte vom JRC betont, dass die wirtschaftlichen Probleme der Regionen nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Anzahl der Corona-Kranken vor Ort stehen. Es handelt sich um Regionen, die stark von Tourismus, Logistik oder etwa der Nahrungsmittelproduktion im Bereich Export abhängig sind. Diese Sektoren müssen mit den größten Eigenkapitalverlusten rechnen.

Nur vier Regionen in der EU sind von einem Minus bis zu 3,2 Prozent betroffen. Neben dem italienischen Molise sind das Niederbayern, Tübingen und Trier in Deutschland.

Für Österreich erwartet die Kommission einen Absturz des BIP um 5,5 Prozent in diesem Jahr. Auch, wenn die Auswirkungen auf die Bundesländer auf einem ähnlichen Niveau bleiben, zeigen sich doch starke Unterschiede bei den Beschäftigungszahlen.

Laut dem Dachverband der Sozialversicherungsträger gab es im März die größten Rückgänge in Tirol (minus 11,2 Prozent) und Salzburg (minus 8,2 Prozent) gegenüber dem Vorjahr. Am wenigsten betroffen waren Niederösterreich (minus 2,9 Prozent) und Oberösterreich (minus 3,0 Prozent).

Im April gab es die meisten Beschäftigungsrückgänge in Kärnten (minus 7,4 Prozent) und Tirol (minus: 7,1 Prozent). Vorarlberg (minus 3,3 Prozent) und Niederösterreich (minus 3,9 Prozent) waren am wenigsten betroffen.

Die Wirtschaftsbranchen, die am stärksten zurückgingen, waren Beherbergung und Gastronomie (minus 38,6 Prozent).

Zuschuss oder Kredit?

In der Corona-Krise könne es noch lange keine Entwarnung gegeben, sagt Gentiloni: "Wir müssen noch wochenlang, vielleicht monatelang mit der Pandemie leben." Die EU müsse alles tun, um der Tourismusbranche zu helfen, die vor allem in Südeuropa einen "substanziellen Teil zur jährlichen Wirtschaftsleistung beiträgt".

Zuletzt hatte der Gipfel der EU-Regierungschefs der Kommission den Auftrag gegeben, einen "Wiederaufbauplan" auszuarbeiten. Ziel ist es, Europas Wirtschaft schnell wieder aus der Rezession zu holen. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte am Mittwoch ein schuldenfinanziertes Programm zur wirtschaftlichen Erholung Europas im Umfang von 750 Milliarden Euro vorgeschlagen. Davon sollen 500 Milliarden Euro als Zuschüsse und 250 Milliarden als Kredite an EU-Staaten vergeben werden. Dies lehnen Österreich, Niederlande, Dänemark und Schweden strikt ab. Sie wollen nur über rückzahlbare Kredite helfen.