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Gold glänzt in der Krise

Von Anja Stegmaier

Wirtschaft
Ein Depot in einer Bank in München. Viele Anleger setzen in Krisenzeiten auch auf physisches Gold.
© reuters

Der Goldpreis befindet sich auf einem Allzeithoch. Experten erwarten für die kommenden Jahre eine weitere massive Preissteigerung. Die Corona-Krise ist aber nur Auslöser einer sich schon länger abzeichnenden Entwicklung.


Gold gilt seit je her als Krisenmetall. Es wundert also nicht, dass auch in der aktuellen Corona-Krise die Nachfrage am Markt drastisch steigt. Um es mit den Worten des US-Investors Warren Buffett zu sagen: "Gold ist ein Mittel, um auf Angst zu setzen." Lag der Goldpreis Anfang März pro Feinunze (31,1 Gramm) bei rund 1350 Euro, so stieg dieser mit Verbreitung der Corona-Pandemie und ihren Auswirkungen auf die Wirtschaft in der Zwischenzeit um bis zu 20 Prozent. Mitte Mai knackte der Goldpreis die 1760-Dollar-Marke und stieg auch im Euroraum auf 1634 Euro.

Viele Menschen decken sich in Krisenzeiten mit dem Edelmetall ein, auch Anleger schwenken zu Rohstoffen um - stehen doch große Konjunkturprogramme vor allem mit dem Ausbau von Infrastruktur an, um die Wirtschaft wieder aus der Talsohle zu holen. Hier werden Metalle wie etwa auch Silber und Kupfer stark nachgefragt. In Zeiten großer Marktvolatilität gehen Anleger weg von Aktien, halten Investitionen zurück und setzen vermehrt auch auf das krisenbewährte Metall. Von Gold als Anlage hält Multimilliardär Buffett jedoch bekannterweise wenig. Für ihn ist Gold "faul" und eine "unproduktive Wertanlage". Wer sein Geld in Gold anlegt, ist dem Börsenguru zufolge kein Investor, sondern Spekulant. Wer Gold erwirbt, tut dies mit der Hoffnung, irgendwann später jemanden Dümmeren zu finden, der bereit ist, einen noch höheren Preis für das "unproduktive Metall" zu zahlen.

Gold gilt trotzdem als eine der sichersten Inflations-Hedges, also eine Investition, die den Anleger vor einem Rückgang der Kaufkraft des Geldes schützen soll. Dabei ist das Metall weder eine Aktie, eine Anleihe, noch eine Währung. Der Philharmoniker gilt in Österreich zwar als offizielles Zahlungsmittel - der aktuelle Materialwert übersteigt den Nennwert der Münze aber massiv. (Der Philharmoniker in einer Feinunze Gold hat einen Nennwert von 100 Euro, Materialwert beläuft sich aktuell auf 1610,92 Euro). Der Goldwert kann bei Banken, Sparkassen, Münzfach- oder Edelmetallhändlern zum aktuellen Preis leicht realisiert werden.

Österreichischer Barrenengpass wegen der Corona-Pandemie

In Österreich war es in den letzten Wochen schwer, an größere Mengen Gold zu kommen. So etwa auch bei der Münze Österreich. Barren aller Größen der staatlichen Münzprägestätte waren schnell vergriffen und konnten wochenlang nicht nachgeliefert werden. Die Barren kommen laut dem Tochterunternehmen der Nationalbank nämlich aus einer Raffinerie in der Schweiz, die Nahe zur italienischen Grenze (Lombardei) liegt. Diese war während des Lockdowns geschlossen. Seit letzter Woche werden aber wieder peu à peu Produkte geliefert - der Barrenengpass sei vorbei, versichert die Münze Österreich gegenüber der "Wiener Zeitung". Der "Wiener Philharmoniker" in Gold war und ist dagegen stabil verfügbar. Die populäre Wertanlagemünze wird nämlich von der Münze selbst in Österreich hergestellt und hierfür reichten in den letzten Monaten die Goldvorräte aus, beziehungsweise wurde hierfür auch in London Rohstoff eingekauft und eingeflogen, erklärt Unternehmenssprecherin Andrea Lang.

Aktuell liegt der Goldpreis bei 1537 Euro, das leichte Minus lässt sich auch mit einer gewissen erstarkten Risikofreude der Investoren erklären. Sie glauben alle, es kommt 2020 noch ein Impfstoff und trauen sich wieder mehr an die Börsen. Sollte der Preis unter die wichtige Marke von 1700 Dollar fallen, könnten spekulative Investoren die Flucht ergreifen und der Druck auf den Preis könnte zunehmen, sagte kürzlich Commerzbank-Analyst Eugen Weinberg.

Experten erwarten einen währungspolitischen Umbruch

Ist es nun bereits zu spät, um auf Gold zu setzen, wo der Preis bereits so stark angestiegen ist? Für viele Experten sind das nur kurze, kleine Einbrüche - sie sehen Gold ungebremst auf Wachstumskurs, wie etwa auch die Autoren des jährlichen Reports "In Gold We Trust". Neue Gold-Allzeithochs in jeder Währung sind für die Fondsmanager Ronald-Peter Stöferle und Mark Valek nur eine Frage der Zeit. Die Autoren sehen den Goldpreis Ende des Jahrzehnts bei 4800 US-Dollar.

Die Gründe hierfür sind vielfältig und für Stöferle ist klar, dass das Coronavirus nur der "Brandbeschleuniger" einer sich bereits vorab abzeichnenden und überfälligen Rezession war. Die Normalisierung der Geldpolitik sei gescheitert, so Stöferle. Die Corona-Krise dränge viele Länder nun zu weiterer massiver Verschuldung, die Defizite werden durch inflationäre Maßnahmen und weiterhin niedrige oder gar negative Zinsen möglich gemacht. Langfristig würden Fiatwährungen, wie Dollar und Euro, gegenüber Gold an Wert verlieren, weil immer mehr Geld in Umlauf komme, die Goldmenge aber begrenzt sei. Gold werde in einer neuen währungspolitischen Weltordnung als staatenlose Reservewährung wieder eine bedeutende Rolle spielen.

Für einen steigenden Goldpreis würden auch die niedrigen Anleihenzinsen sprechen, sagte Stöferle. Das Argument, das Gold keine Zinsen abwerfe, greife in einem Umfeld negativer Anleihenzinsen nicht mehr. "Was passiert mit den knapp 14 Billionen US-Dollar in negativ verzinsten Anleihen, wenn die Inflation zum Thema wird?" Der Betrag entspreche dem kombinierten BIP von Japan, Deutschland, Indien und des Vereinigten Königreichs. Bei steigender Inflation werde viel Kapital aus den negativ verzinsten Anleihen in die Aktienmärkte, in Immobilien, aber auch in den Goldmarkt gehen, vermutet der Fondsmanager.

Die Notenbanken selbst hätten zudem im vergangenen Jahr massiv Gold zugekauft - nicht nur Türkei und Russland, sondern auch Polen habe 100 Tonnen Gold gekauft und einen Großteil seiner Reserven aus London nach Warschau zurückgeholt.