Der deutsche Parlamentspräsident Wolfgang Schäuble hat dazu aufgerufen, die Corona-Krise dafür zu nutzen, die europäische Währungsunion zu einer Wirtschaftsunion auszubauen. Es brauche "heute den Mut, den wir in der Krise 2010 nicht hatten, um endlich zu mehr Integration in der Eurozone zu kommen", schreibt der Ex-Finanzminister in einem Gastbeitrag für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (Montag-Ausgabe).

Dazu müsse laut Schäuble die Währungsunion über den geplanten Wiederaufbaufonds jetzt zu einer Wirtschaftsunion erweitert werden. Gleichzeitig kritisierte der Politiker die EU-Kommission, deren Vorschläge zur Verwendung der Mittel aus dem Hilfsfonds nicht weit genug gingen. Anstatt sich auf Aspekte der Finanzierung zu konzentrieren, müsse auf europäischer Ebene eine offene Diskussion darüber geführt werden, für welche gemeinschaftlichen Projekte das Geld in den Mitgliedstaaten verwendet werden sollte und wie ein effizienter Gebrauch mit strengen Richtlinien sicherzustellen sei.

Solche Bedingungen wollen aber einige Regierungen nicht akzeptieren. Widerspruch kommt etwa aus Athen. "Die Griechen sind sehr erwachsen geworden. Und wir wollen unsere eigenen Reformen umsetzen", sagte Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis der "Financial Times" in einem am Sonntag veröffentlichten Interview. Die halbjährliche Überprüfung der Wirtschaftsleistung durch die EU-Kommission sei ausreichend, und es gebe keinen Bedarf für zusätzliche strenge Vorgaben.

Weitere Corona-Hilfen

Griechenland habe sich eine sehr aggressive Reformagenda vorgenommen, die sich auf Klima- und Umweltschutz, Digitalisierung und Investitionsanreize teils durch ein Privatisierungsprogramm konzentriere. Am Freitag hatte der Regierungschef zusätzliche Maßnahmen im Volumen von 3,5 Milliarden Euro zur Unterstützung der Wirtschaft nach dem Corona-Lockdown angekündigt.

Griechenland hatte die letzte Schuldenkrise erst 2018 nach einem ganzen Jahrzehnt überwunden und 2020 auf starkes Wachstum gehofft. Die Corona-Krise vereitelte dies. Experten gehen nun davon aus, dass die griechische Wirtschaft acht bis zehn Prozent schrumpfen dürfte, ehe sie sich 2021 erholt. (reu/dpa/apa)