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Digitalsteuer soll Budgets entlasten

Wirtschaft

Deutschsprachige Finanzminister forcieren OECD-weite Steuer für digitale Unternehmen.


Seit Jahren schon diskutiert die internationale Staatengemeinschaft über eine Digitalsteuer für große, international tätige IT-Riesen wie Google, Amazon, Apple oder Facebook. Die Corona-Krise, die der Digitalisierung einen deutlichen Boost verschafft hat, bringt wieder etwas Bewegung in die bisher eher verzwickte Diskussion. Die deutschsprachigen Finanzminister - also jene von Österreich, Deutschland, der Schweiz, Liechtenstein und Luxemburg - haben am Dienstag bei einem gemeinsamen Treffen in Wien eine möglichst baldige, OECD-weite Digitalsteuer gefordert. Geht es nach Deutschlands Finanzminister Olaf Scholz (SPD), soll diese schon im Herbst kommen. Und das ist dringend notwendig, denn die Corona-Krise hat die Budgets der Staaten empfindlich schrumpfen lassen.

"Ein Greißler ums Eck kann nicht mehr Steuern zahlen als multinationale Konzerne", sagte Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) bei der gemeinsamen Pressekonferenz. Tatsächlich ist die Steuerlast in der gesamten EU sehr ungleich verteilt, und zwar meistens zugunsten der Online-Riesen. Zum einen hat die EU zwar einen gemeinsamen Binnenmarkt, Steuerpolitik ist aber nationalstaatlich geregelt. Zum anderen gilt grundsätzlich das Firmensitz-Prinzip - Steuern werden nicht dort bezahl, wo der Umsatz gemacht wird, sondern da, wo der Firmensitz ist.

Das führt dazu, dass der EU-Kommission zufolge digitale Geschäftsmodelle im Schnitt mit 8,5 Prozent besteuert werden, während "analoge" Unternehmen durchschnittlich 21 bis 23 Prozent Steuern auf ihre Gewinne abgeben müssen.

Digitale profitieren von Corona

Die Corona-Pandemie samt Lockdown und Wirtschaftskrise hat dieses Ungleichgewicht weiter verschärft. Denn während Geschäfte, Lokale und Hotels wochenlang geschlossen blieben, verzeichneten Online-Handel und Telekommunikation einen regelrechten Boom. Scholz sagte, er sei "im Augenblick sehr zuversichtlich", dass es zu einer internationalen Vereinbarung komme. "Das hat dann Konsequenzen für die nationale und europäische Gesetzgebung und wird verhindern, dass ein weltweiter Konflikt über die Digitalsteuer ausbricht." Die Krise habe gezeigt, dass es ein einheitliches, faires System brauche, das dort besteuert, wo auch der wirtschaftliche Erfolg stattfindet.

Ob diese Einigung tatsächlich schon im Herbst erzielt werden kann, ist fraglich. Zumal sich die USA jüngst wieder aus den Verhandlungen zurückgezogen haben. Das vor allem deshalb, weil eine einheitliche, internationale Digitalsteuer in erster Linie digitale US-Konzerne treffen würden. Zum anderen profitieren US-Bundesstaaten wie Delaware vom Ruf, eine Steueroase zu sein.

Notfalls wird es auch ohne die USA gehen, wie EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentilioni schon im Juni nach deren Rückzug ankündigte. Und auch Spanien und Frankreich haben angekündigt, notfalls allein eine Digitalsteuer einzuführen, sollte es bis Jahresende keine Lösung geben.

So viel Einigkeit in Steuerfragen ist in der EU relativ neu. Denn die EU-Staaten stehen auch untereinander in einem erbitterten Steuerkampf. Während Österreich zum Beispiel einen Körperschaftssteuersatz (KÖSt) von 25 Prozent hat, beträgt die KÖSt in Ungarn lediglich 9 Prozent.

Einheitliche Lösung schwierig

Trotz des gemeinsamen Binnenmarktes stehen die EU-Staaten im Standortwettbewerb. Das wiederum führte in der Vergangenheit dazu, dass ein gemeinsames Vorgehen in Steuerfragen nahezu unmöglich war. "Besonders auf der digitalen Ebene wird eine gemeinsame Lösung gebraucht", sagte Pierre Gramegna, Luxemburgs Finanzminister.

Das Land wurde innerhalb der EU oft als Steueroase kritisiert, weil es, ähnlich wie Irland, besonders vielen internationalen Firmen einen EU-Sitz ermöglichte und ihnen dabei steuerlich massiv entgegenkam. Einigungen würden auf der ganzen Welt für mehr Ruhe sorgen. "Und Ruhe bringt viel Glaubwürdigkeit." Diese brauche es gerade nach der Corona-Krise.

Beim Treffen der fünf Finanzminister ging es vor allem um Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Krise und deren wirtschaftliche Folgen. Anders als in Deutschland ist hier laut Blümel keine Verlängerung der Kurzarbeit auf 24 Monate geplant. Es gibt vorerst eine Verlängerung für besonders betroffene Branchen ins kommende Jahr hinein. Bisher wurde Kurzarbeit im Volumen von 10 Milliarden Euro beantragt und im Volumen von 4,5 Milliarden Euro abgerechnet, sagte der heimische Finanzminister und Spitzenkandidat der Volkspartei für die baldige Wien-Wahl.(del)