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Eurogruppenchef Donohe fordert gemeinsame Krisenstrategie

Wirtschaft

EU-Finanzminister suchen am Wochenende nach Wegen aus der Corona-Krise.


Die gemeinsame Euro-Währung sei "eine politische Konstruktion, aufgebaut auf Vertrauen mit einem politischen Fundament", sagte Eurogruppen-Chef Paschal Donohoe am Mittwoch im Rahmen der Diskussionsreihe "Finanzen im Dialog" im Finanzministerium. Der irische Finanzminister ist aktuell Präsident der Eurogruppe.

Er beschwor ein gemeinsames Vorgehen im Kampf gegen die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise und betonte die Errungenschaften der Währungsunion. Gemeinsam sei viel mehr erreicht worden, als jeder einzeln geschafft hätte. Man habe die Stärken geteilt, die Ansichten, und fallweise auch die Schwächen, um letztere gemeinsam zu bekämpfen.

Trotz des schwierigen Umfelds, sei die Eurozone deutlich besser auf wirtschaftliche Herausforderungen vorbereitet, als sie es noch vor zehn Jahren war, meinte Donohoe. Es seien Dinge geschafft und Krisen gemeistert worden, die frühere Politikergenerationen noch für unmöglich gehalten hätten. "Wir dürfen nicht das Bewusstsein solcher Wunder verlieren, die möglich sind, wenn es den politischen Willen gibt", sagte Donohoe bei seinem ersten offiziellen Auslandsbesuch nach seiner Wahl zum Eurogruppenvorsitzenden.

Gastgeber und Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) wies in seinem Begrüßungsstatement darauf hin, dass die aktuelle Krise erheblicher finanzieller Mittel bedürfe und einer flexibleren Auslegung des EU-Rechts. Gerade große EU-Länder wie Frankreich, Spanien oder Italien seien stärker von der Corona-Krise betroffen und bräuchten Hilfe. Vielleicht sei das ein Ausdruck davon, dass größere EU-Länder es leichter hätten, die EU-Regeln zu beugen als kleine, so der Finanzminister. Blümels Seitenhieb bezog sich auf den aktuellen Konflikt Österreichs mit der EU-Kommission wegen des neuen Fixkostenzuschusses für Unternehmen.

EU-Finanzminister in Berlin

Die finanziellen Folgen der Corona-Krise halten nicht nur den Euroraum, sondern die gesamte EU im Zaum. Am Freitag und am Samstag tagen die EU-Finanzminister in Berlin. Das erste physische Treffen seit dem Beginn der Pandemie steht ganz im Zeichen der Krise. "Die EU hat mit ihren jüngsten Beschlüssen einen großen Entwicklungsschritt gemacht. Um die Folgen der Corona-Krise zu bewältigen, nimmt die EU-Kommission erstmals in ihrer Geschichte in größerem Umfang Geld auf. Jetzt stellt sich als nächstes die Frage, wie dieses Geld wieder zurückgezahlt wird - da werden auch neue gemeinsame Einnahmen der Europäischen Union eine wichtige Rolle spielen", sagte etwa Deutschlands Finanzminister, Olaf Scholz (SPD). Solche gemeinschaftlichen Erlöse könnten etwa aus dem Emissionshandel, einer Finanztransaktionssteuer oder einer EU-weiten Digitalsteuer kommen. Dazu wird die EU-Kommission wahrscheinlich im kommenden Jahr Vorschläge machen.

Und auch international hat die Corona-Krise die Verteilungsdebatte ordentlich angeheizt. Die Industrie-Nationen der OECD verhandeln derzeit über einen globalen Mindeststeuersatz und einer internationalen Digitalsteuer. An den Gesprächen sind 137 Länder beteiligt. Sollte eine Einigung zustande kommen, könnte es auf internationaler Ebene die größte Steuerreform seit fast 100 Jahren werden. Und auch die bevorstehende Zinssitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) steht im Zeichen der Corona-Bewältigung. Die EZB wird ihre Niedrigzinspolitik wohl noch deutlich länger fortführen.(del)