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Es geht um Macht und richtig viel Geld

Von Monika Jonasch

Wirtschaft

Die US-Kartellklage gegen Google kommt nicht nur zu einem interessanten Zeitpunkt. Es geht dabei um weit mehr als um Technologie. Denn die Macht über die Daten bestimmt auch künftige Machtverhältnisse.


Sucht irgendwo auf der Welt irgendein Mensch irgendetwas im Internet, so tun er oder sie dies mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit über die Suchmaschine von Google.

Was viele dabei nicht bedenken ist, dass jede Suchanfrage eine Vielzahl von Daten erzeugt, die für Suchmaschinen-Betreiber wahre Schätze sind. Denn damit lässt sich Online-Werbung steuern. Je mehr gesammelte Daten, desto genauer lässt sich diese Werbung platzieren und umso teurer kann man diese verkaufen.

Der datengenerierte Wissensvorsprung lässt sich also direkt in Geld ummünzen. Und dabei geht es um richtig viel Geld: 2019 wurden für Online-Werbung weltweit 325,02 Milliarden US-Dollar (274,21 Milliarden Euro) ausgegeben. Heuer sollen die Ausgaben bei rund 333 Milliarden Dollar (rund 281 Milliarden Euro) liegen und bis 2024 bei etwa 526 Milliarden Dollar (etwa 444 Milliarden Euro), prognostiziert man beim deutschen Onlinestatistik-Dienst Statista. Hinzu kommt, dass nicht nur Googles Suchmaschine so verbreitet ist, sondern der Konzern auch noch mit seinem Betriebssystem Android auf einem Großteil der Handys weltweit vertreten ist und auch sein Browser Chrome global erfolgreich ist.

Damit diese Vormachtstellung erhalten bleibt, bezahlt Google zudem Milliarden an Smartphone-Hersteller, damit diese Googles Dienste auf ihren Geräten vorinstallieren. Startet ein Handy-Benutzer sein Gerät das erste Mal, findet er sogleich Google auf dem Bildschirm. Damit dominiert der Konzern in einem solchen Ausmaß, dass Konkurrenten kaum noch Chancen haben, mitzuhalten.

"Zutiefst fehlerhaft"

"Die heutige Klage des Justizministeriums ist zutiefst fehlerhaft. Menschen nutzen Google, weil sie sich dafür entscheiden, nicht weil sie dazu gezwungen sind oder weil sie keine Alternativen finden können", wehrte sich Google am Dienstag bei Bekanntwerden der Kartellklage in den USA in einer Stellungnahme. Zwar gibt man zu, sich die Vorinstallation seiner Dienste bei den Hardware-Herstellern zu erkaufen. Doch das sei vergleichbar mit der Platzierung in Supermarkt-Regalen, argumentiert der US-Konzern. Immerhin träfen ja auch noch Apple und Microsoft ähnliche Vereinbarungen.

Wie einst gegen Microsoft

Genau das letzte Argument dürfte jedoch am wenigsten ziehen, scheint die Geduld mit den US-Tech-Giganten nicht nur in Europa, sondern auch in deren Heimatland doch erschöpft. Die Chefs von Google, Amazon, Apple und Facebook mussten sich bereits im heurigen Juli den Fragen des US-Repräsentantenhauses stellen. Ihnen wurde der Missbrauch von Marktmacht vorgeworfen.

Warum aber strengt nun auch das mächtige US-Justizministerium eine Kartellklage an? Diese Klage könnte durchaus zur größten ihrer Art werden und den ähnlich motivierten Prozess gegen Microsoft vor 20 Jahren weit in den Schatten stellen.

Bislang hatte sich zwar bereits die Europäische Union mehrfach gegen Google gewandt und milliardenschwere Strafen verhängt. Zu Hause hatte man nicht nur Google, sondern auch die anderen Tech-Giganten aber lieber in Ruhe gelassen. Immerhin sorgten deren sprudelnde Einnahmen auch für Steuereinnahmen und Tausende Arbeitsplätze. Richtung Europa vermittelte man gerne, dass dies mehr wert sei als Datenschutz und Kartellrecht. Auch die globale Technologie-Marktführerschaft gefiel den USA naturgemäß gut.

Aber die Zeiten werden härter und während viele US-Firmen in der Pandemie ums blanke Überleben kämpfen, fahren die großen IT-Konzerne satte Gewinne ein. Zudem verkauft es sich im US-Wahlkampf für Republikaner wie Demokraten gut, Großkonzerne in ihrer Macht beschneiden zu wollen. Nicht zuletzt dürfte sich auch die US-Politik seit den letzten Wahlen bewusst geworden sein, dass Daten Manipulationspotenzial haben. Man will die Datensammler künftig besser im Auge behalten.