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Chinas Einfluss in Osteuropa wächst

Von Marina Delcheva

Wirtschaft

Die chinesischen Direktinvestitionen in Osteuropa sind stark gestiegen, und mit ihnen auch Chinas Rolle in der Wirtschaft.


"Danke, Bruder Xi!", oder auf Serbisch: "Hvala, brate Xi!" Serbien bedankt sich auf großen Billboard-Flächen in der Hauptstadt Belgrad für die chinesische Unterstützung und feiert damit eine relativ junge, umsatzstarke serbisch-chinesische Freundschaft. Das Land am Balkan ist Spitzenreiter bei den Impfungen, auch, weil es seine Bevölkerung mit dem chinesischen Impfstoff von Sinopharm impft und großzügig mit FFP2-Masken aus China beliefert wurde. Hinzu kommen laut serbischen Medien 10 Milliarden Euro an Direktinvestitionen.

China baut seinen wirtschaftlichen und damit seinen politischen Einfluss nicht nur in Serbien, sondern in ganz Zentral- und Südosteuropa aus. Vor allem mit den vier Visegrad-Staaten Ungarn, Polen, Tschechien und Slowakei ist der wirtschaftliche Austausch in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. "China ist zur Erkenntnis gekommen, dass einzelne Länder unterschiedlich kooperativ sind", sagte Agnes Szunomar vom "Zentrum für wirtschaftliche und regionale Studien" in Budapest im Rahmen einer Diskussionsveranstaltung über Chinas wirtschaftlichen und politischen Einflusses in Osteuropa des "Forum Journalismus und Medien" (fjum) am Montag. "Chinas Präsenz in der Region steigt", meinte auch Vladimir Shopov von der Denkfabrik European Council on Foreign Affairs (ECFA).

Visegrad-Staaten im Fokus

Vor allem Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban macht keinen Hehl um die Freundschaft zu China. Ungarn impft als einziges EU-Land mit dem chinesischen Covid-Impfstoff Sinopharm. Die chinesischen Direktinvestitionen sind seit 2013 von knapp über einer Milliarde US-Dollar auf rund zwei Milliarden angestiegen. Laut dem "China Global Investment Tracker" beliefen sich die Investitionen und Vertragsabschlüsse in Ungarn seit 2005 sogar auf 5,88 Milliarden US-Dollar (4,93 Milliarden Euro). Neben dem wirtschaftlichen Austausch setzt Ungarn auch auf einen wissenschaftlichen. 2024 soll die Shanghaier Eliteuniversität Fundan einen Campus in Budapest eröffnen.

Insgesamt flossen seit 2005 fast 360 Milliarden Euro aus China nach Europa. Das meiste Geld entfiel dabei, ob der volkswirtschaftlichen Größen, auf Großbritannien und Deutschland. Was den politischen Einfluss betrifft, spielen laut Szunomar die Visegrad-Staaten, also auch Österreichs östliche Nachbarländer, eine nicht unwesentliche Rolle.

"China hat keine spezielle Expansionsstrategie. Es expandiert einfach", sagte Shopov. Je nach Region ist das Investitions-Portfolio aber ein wenig anders. Während staatliche und staatsnahe chinesische Firmen in Nord- und Westeuropa auf Teilhabe im Erneuerbaren Energiesektor setzten, konzentrieren sich die Projekte und Übernahmen in Zentral-, Osteuropa und dem Balkan auf die chemische Industrie, den Telekom- und Elektroniksektor sowie auf Infrastruktur und Kohlekraftwerke in einzelnen Balkanländern.

Einfluss auf Medien gestiegen

So wurden zum Beispiel in Belgrad an 800 Standorten von den Sicherheitsbehörden 1.000 Huawei-Kameras mit Gesichtserkennungsfunktion installiert, was von serbischen Datenschützern heftig kritisiert wurde. Umstritten war auch die Mehrheitsübernahme einer der größten tschechischen Werbefirmen, Médea, durch den chinesischen Staatskonzern Citic. Médea versorgt tschechische Medien mit Werbung im Wert von umgerechnet 110 Millionen Euro.

Ivana Karásková von der tschechischen "Assoziation für Internationale Angelegenheiten" (AIM), einem Forschungsinstitut, sieht diese Übernahme kritisch. "So kann China über Werbeeinschaltungen indirekt Einfluss auf die Medien üben", erklärte sie im Rahmen der Diskussionsveranstaltung. Eine Medienanalyse des Instituts habe gezeigt, dass sich kaum negative Berichte über China oder chinesische Tätigkeiten im Land finden, wohingegen mehr Positives über Investitionen und Projekte wie die neue Seidenstraße berichtet wurde. In der Medienlandschaft der meisten CEE-Länder findet sich kaum Kritik an China.

Die EU beobachtet den wachsenden Einfluss Chinas vor allem in Osteuropa mit Sorge. 2019 haben sich die EU-Staaten im Rahmen des sogenannten FDI-Screenings auf mehr Investitionskontrolle für ausländische Direktinvestitionen aus Drittstaaten geeinigt. Und mit Drittstaaten ist neben den USA vor allem China gemeint. Übernahmen von Investoren aus Drittstaaten in sensible Bereichen wie Technologie, Telekommunikation, Infrastruktur und öffentliche Sicherheit sind melde- und genehmigungspflichtig. Die Umsetzung dieser Richtlinie trat in Österreich Anfang des Jahres in Kraft.