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Protest gegen Aegon-Kaufblockade

Wirtschaft

Die niederländische Regierung äußert Bedenken gegen das Vorgehen Ungarns, den Verkauf des Versicherers Aegon an die österreichische Vienna Insurance Group zu verhindern.


Nachdem die ungarische Regierung den Verkauf des Versicherers Aegon an die Vienna Insurance Group (VIG) Anfang April blockiert hat, protestiert nun die niederländische Regierung gegen dieses Vorgehen. Das berichtet der Nachrichtendienst Bloomberg und zitiert dabei mit der Angelegenheit vertraute Kreise, die über diplomatische Kanäle vom niederländischen Protest erfahren haben.

Die VIG hatte Ende November vergangenen Jahres die Übernahme des Aegon-Osteuropageschäfts um 830 Millionen Euro bekanntgegeben. Das Closing war für das zweite Halbjahr 2021 erwartet worden, nun herrscht Ungewissheit, wie es weitergeht.

Wenn für Ungarn keine Zustimmung komme, müsste man das gesamte Paket wohl noch überdenken, hieß es von Seiten des österreichischen Versicherungskonzerns anlässlich der Blockade durch Ungarn. Diese war wohl überraschend gekommen: "Der Bescheid steht in Widerspruch zum bisherigen Verlauf der Gespräche", so die VIG. Seit Jänner 2021 hätte es im Rahmen des Genehmigungsverfahrens konstruktive Gespräche mit dem zuständigen ungarischen Finanzminister gegeben.

Zwar sei es durchaus üblich, dass europäische Regierungen gewisse Deals aufgrund von drohender Monopol-Bildung, Arbeitsplatzverlusten oder wegen nationaler Sicherheitsbedenken blockieren, analysiert Bloomberg.

Ungarns eigenwilliger Weg zu einer Wirtschaftsreform

Ungarn gehe hier jedoch einen ganz eigenen Weg: Das Land versuche nationale Unternehmen zu bevorzugen, um ungarische Champions am Markt zu schaffen.

Erst kürzlich hat man die Fusion dreier rückverstaatlichter Banken zur "Magyar Bankholding Zrt." auf den Weg gebracht. Zudem hat die Regierung ihre Bestrebungen beschleunigt, die Wirtschaft umzugestalten. Ein Schritt dabei ist, Vermögenswerte in Richtung von Unternehmen mit Nähe zur Regierungspartei zu verschieben, so Bloomberg.

"Ungarn ist in Europa führend darin geworden, dass die Politik Einfluss auf die Wirtschaft nimmt", sagt Peter Akos Bod, ehemals ungarischer Zentralbankgouverneur und Wirtschaftsprofessor an der Corvinus Universität Budapest. "Die Blockade dieses Deals mag viele überrascht haben, passt aber zum aktuellen Trend."

Das Unternehmen Aegon N.V. ist einer der weltweit größten Konzerne im Lebensversicherungsbereich. Sein Hauptsitz befindet sich in Den Haag, in den Niederlanden. Aegons Osteuropageschäft, um das es in dem Deal geht, besteht aus rund 15 Gesellschaften in Ungarn, Polen, Rumänien und der Türkei, wobei die ungarischen Gesellschaften den Hauptanteil bilden.

Aegon-Deal sollte VIGganz groß machen

Mit dem Kauf wäre die Vienna Insurance Group in Ungarn Marktführerin geworden. Der Deal umfasst Versicherungsgesellschaften, Pensionskassen, Asset Management- und Servicegesellschaften mit einem Versicherungsprämienvolumen von rund 600 Millionen Euro, einem verwalteten Pensionskassenvolumen von rund 5 Milliarden Euro und hätte den Kundenstock um 4,5 Millionen Kunden vergrößert. "2019 erwirtschafteten die zu erwerbenden Gesellschaften mit rund 1.650 Mitarbeitern einen Nettogewinn von rund 50 Millionen Euro", hieß es in einer VIG-Mitteilung im Vorfeld.

Generaldirektorin Elisabeth Stadler freute sich dementsprechend: "In Ungarn schaffen wir so den Sprung an die Spitze. Damit werden wir, wie in Österreich, in allen unseren direkten östlichen Nachbarstaaten - der Tschechischen Republik, Slowakei und Ungarn - Marktführer sein. In der Türkei gelingt uns der Einstieg in die Lebensversicherung und in Polen, Rumänien und Ungarn können wir unser Potenzial im Pensionskassengeschäft deutlich ausbauen."

Noch will der Versicherungskonzern aus Wien den Deal nicht aufgeben und gibt sich vorsichtig optimistisch, doch zu einer Einigung zu kommen: Die VIG gehe dennoch von einer zeitnahen positiven Klärung dieses Themas aus, heißt es. Und: "Wir sind im beiderseitigen Sinne an einer
weiteren langfristigen Partnerschaft mit Ungarn sehr interessiert", betont Generaldirektorin Stadler.(mojo)