Zum Hauptinhalt springen

Corona bremste Boom bei Kreuzfahrten

Von Rosa Eder-Kornfeld

Wirtschaft

Wegen der Pandemie brach die Zahl der Passagiere um mehr als die Hälfte ein. Reedereien waren gezwungen, so manchen Ozeanriesen verschrotten zu lassen.


Einmal und nie wieder, sagen die einen. Die anderen schwärmen noch lange davon. Kreuzfahrten sind nichts für Menschen, die im Urlaub die Einsamkeit suchen - oder sich Gedanken über eine mögliche Ansteckung mit dem Coronavirus machen. Wer sich etwa mit der "Symphony of the Seas" der US-Reederei Royal Caribbean auf die Reise begibt, tut das gemeinsam mit bis zu 6.700 weiteren Passagieren.

Über 30 Prozent der weltweiten Kreuzfahrtschiffe kommen in der Karibik zum Einsatz, gefolgt vom Mittelmeer. Vor allem US-Amerikaner mit dicker Geldbörse stehen auf Schiffsreisen. Die zweitwichtigste Gästegruppe sind Chinesen, gefolgt von den Deutschen. Die Anzahl der Passagiere auf Kreuzfahrtschiffen ist laut Cruise Lines International Association (CLIA) von 1990 bis 2019 jährlich um über sechs Prozent gewachsen.

2019 wurden rund 30 Millionen Passagiere gezählt, nach 28,5 Millionen im Jahr 2018. Für 2020 erwartete die Branche einen weiteren Anstieg auf 32 Millionen, stattdessen kam ein Absturz um mehr als die Hälfte. So verreisten im Vorjahr nach Angaben des Deutschen Reiseverbands (DRV) nur 1,4 Millionen Deutsche mit Kreuzfahrtschiffen, nach 3,7 Millionen im Jahr davor.

Die Auswirkungen der Pandemie auf die Bilanzen war katastrophal. Der US-Kreuzfahrtriese Carnival, zu dem neben der deutschen Aida Cruises auch Costa und Princess gehören, erlitt im vierten Quartal einen Nettoverlust von 1,9 Milliarden Dollar (1,6 Milliarden Euro). Konkurrent Royal Caribbean geriet 2020 mit 5,8 Milliarden Dollar (4,8 Milliarden Euro) in die roten Zahlen.

Seit das Geschäft zusammengebrochen ist, kam es neben Insolvenzen - etwa jene der spanischen Pullmantur Cruises - und auch zur Verschrottung von Kreuzfahrtschiffen. In einer Werft im türkischen Aliaga nahe Izmir, wo normalerweise rostige Frachter und Bohrplattformen verschrottet werden, finden ältere Ozeanriesen ihre letzte Ruhestätte. Die Schiffe sind 25 bis 30 Jahre alt, sagt Orbay Simsek, Geschäftsführer der Abwrackwerft, in einem TV-Interview. Eigentlich zu jung, um ausgemustert zu werden. Aber die Reedereien brauchen Geld.

Aus für Imagination, Fantasy und Inspiration

Die Werft verdient nicht schlecht dabei. Tausende Tonnen Stahl werden Deck für Deck aus den Schiffen geschweißt und verkauft. Auch Antriebsmaschinen, Küchen und Möbel werden verwertet. Carnival trennte sich gleich von mehreren Schiffen. So wurden "Fantasy", "Imagination" und "Inspiration" nach Aliaga verkauft. Es werden auch laufend neue Schiffe gebaut. Acht sollen heuer vom Stapel laufen, darunter die "Mardi Gras" von Carnival. Sie ist das erste Kreuzfahrtschiff der Welt mit einer Achterbahn an Bord. Immer ausgefallener, immer pompöser: Die neuen Luxusdampfer lassen kaum Wünsche offen.

So verlockend All-you-can-eat-rund um die Uhr, Sonnenbaden und Seeluft, Wellness und Disco an Bord auch sind: Umweltfreundlich sind Kreuzfahrten nicht. So wird etwa seit Jahren gewarnt, dass die Schiffe die Fundamente von Venedig zerstören und das sensible ökologische Gleichgewicht in der Lagune bedrohen. Nun werden große Schiffe aus Venedig verbannt. Ein Terminal soll außerhalb der Lagune entstehen. Zudem verstopfen Kreuzfahrttouristen bei ihren kurzen Landgängen zum Leidwesen der Bevölkerung die historischen Gassen und lassen außer Müll wenig zurück.

Kreuzfahrtschiffe haben an der gesamten Schifffahrt nur einen Anteil von 0,6 Prozent, stehen aber wegen ihres Schadstoffausstoßes genauso in der Kritik. Statt Schweröl oder Diesel wird immer häufiger Flüssigerdgas (LNG, Liquified Natural Gas) eingesetzt. LNG könne einen wichtigen Beitrag zur Reduzierung von Luftschadstoffen in der Schifffahrt leisten, so der Naturschutzverband Deutschland. Es dürfe aber nicht zu unerwünschten Trade Offs, insbesondere durch Umweltschäden im Zusammenhang mit umstrittenen Fördermethoden wie Fracking oder dem Entweichen von Methan kommen.

Von Kreuzfahrt-Scham ist indessen noch nichts zu spüren. Bei Marktführer Carnival, der durch Ausbrüche des Coronavirus auf einigen seiner Schiffe schon recht früh für negative Schlagzeilen gesorgt hatte, ist die Nachfrage wieder deutlich gestiegen. Die Buchungen seien im ersten Quartal des laufenden Geschäftsjahres gegenüber dem Vorquartal um rund 90 Prozent gestiegen, heißt es.

Auch die italienische Reederei Costa Crociere hat nun offizielle die Sommersaion eingeläutet. Am 1. Mai verließ ihr Flaggschiff Costa Smeralda den Hafen von Savona für eine einwöchige Kreuzfahrt. Insgesamt sind in diesem Sommer vier Costa-Schiffe im Mittelmeer unterwegs.

"Kreuzfahrten nach Nirgendwo"

Mehr als 120.000 Menschen sind seit dem vergangenen Herbst von Singapur aus auf eine "Kreuzfahrt nach Nirgendwo" ohne Zwischenstopp und Landaufenthalt gegangen. Royal Caribbean International, eine der Reedereien, die ohne festes Ziel über das Meer schippern, will wegen der großen Nachfrage bis zum Oktober weiterefahren. Corona-Fälle gab es bisher nicht.