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Shell muss für Umweltschäden in Nigeria zahlen

Wirtschaft

Der Konzern entschädigt Gemeinden im Niger-Delta mit 95 Millionen Euro.


Shell muss nun doch für Umweltschäden im Niger-Delta in Nigeria Schadenersatz in Millionenhöhe an die betroffenen Gemeinden zahlen. Die nigerianische Tochter des britisch-niederländischen Unternehmens Royal Dutch Shell, SPDC, hat am Mittwoch in London eine Strafzahlung in Höhe von knapp 95 Millionen Euro akzeptiert. Der Einigung war ein Jahrzehnte langer Rechtsstreit rund um Öl-Lecks im Niger-Delta vorhergegangen, die in den 1970er-Jahren entstanden. Shell hatte stets jede Schuld von sich gewiesen und Sabotage für die Lecks verantwortlich gemacht.

Das Unternehmen war schon im Jahr 2010 wegen der Ölverschmutzung im Niger-Delta verurteilt worden und hat das Urteil immer wieder ohne Erfolg angefochten. Am Mittwoch einigte man sich schließlich mit den Klägern.

Bereits 2008 hatten Bauern und Dörfer aus dem Niger-Delta wegen der entstandenen Umweltschäden geklagt. Jetzt, 13 Jahre später bekamen sie recht und sollen mit 95 Millionen Euro entschädigt werden. Nigeria ist Afrikas größter Ölproduzent und fördert täglich 1,8 Millionen Barrel Erdöl. Das Öl ist für mehr als die Hälfte der Staatseinnahmen verantwortlich und der wichtigste Devisenbringer des Landes. Gleichzeitig ist die Ölförderung aber auch für Umweltschäden in der Region verantwortlich und gefährdet die Landwirtschaft und Fischerei. Der überwiegende Teil der Bevölkerung lebt in Armut und ist auf Landwirtschaft angewiesen.

Urteil bahnbrechend

Schon im Jänner hatte ein niederländisches Gericht geurteilt, dass Shell seine "Sorgfaltspflicht" verletzt habe und dadurch zwei größere Öl-Lecks im Niger-Delta 2004 und 2005 verantworte. Nun muss das Unternehmen mehrere Kleinbauern mit einer noch nicht näher definierten Summe entschädigen. Im Februar dieses Jahres bekamen zudem 42.000 Mitglieder zweier Volksgruppen des Niger-Deltas die Möglichkeit zugesprochen, in London und nicht in Nigeria vor Gericht gegen den Konzern zu ziehen.

Shell hat zwar seien Hauptsitz in den Niederlanden, bezeichnet sich aber als britisch-niederländisches Unternehmen mit Anteilen in Großbritannien. Die Urteile und die Einigung gelten als bahnbrechend und werden auch von anderen, globalen Öl-Multis genau beobachtet. Bisher wurde in der Regel dort prozessiert, wo der Umweltschaden entstanden ist, in dem Fall also in Nigeria. Die Kläger werfen den Gerichten dort aber Bestechlichkeit ob der Marktmacht der Firma und der Bedeutung des Ölsektors vor. Wenn nun solche Klagen vor europäischen Gerichten ausgetragen werden, sind die Aussichten auf Erfolg und höhere Entschädigungszahlungen aus Sicht der Kläger besser.

Das Niger-Delta, etwa so groß wie die Schweiz, versinkt nach wie vor im Chaos, und einen klaren Schuldigen für die entstandenen Schäden gibt es nicht. Für die zahlreichen Lecks ist teils technisches Versagen der Firmen zuständig. Manchmal werden aber Teile der Pipelines von militanten Milizen gesprengt oder von Bewohnern angezapft, die von der Ölförderung und damit von Einkommensquellen ausgeschlossen bleiben.(del)