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Osteuropas Wirtschaft wächst stark

Wirtschaft
In Osteuropa erholt sich die Wirtschaft schneller von der Corona-Krise, als erwartet. Im Bild: Belgrad an der Donau.
© Wiener Zeitung / Franz Zauner

Erholung stärker als in der Eurozone, Haupttreiber ist privater Konsum. Arbeitsmarkt auch dort unter Druck.


Die Wirtschaft der zentral- und osteuropäischen Länder erholt sich etwas besser als erwartet von den Einbrüchen im Zuge der Corona-Krise. Diese waren aber vielerorts ohnehin nicht so stark wie in weiten Teilen Süd- und Westeuropas. Das Wiener Institut für internationale Wirtschaftsvergleiche (WIIW) hat seine BIP-Prognose für die Region heuer um 1,2 Prozent nach oben korrigiert. In den sogenannten MOEL-Staaten - also die östlichen EU-Länder, der Westbalkan, die Türkei, Russland und die Kaukasusländer - soll die Wirtschaft heuer um durchschnittlich 5 Prozent wachsen, für kommendes Jahr erwartet das WIIW ein Wachstum von 3,7 Prozent.

Damit wächst die Region deutlich stärker als die Euro-Zone, wobei es regional starke Unterschiede gibt. "Generell hängt das auch damit zusammen, dass in vielen Ländern die Bereitschaft, Covid-Maßnahmen mitzutragen, gesunken ist", sagt WIIW-Direktor Mario Holzner am Mittwoch vor Journalisten. Weniger Lockdowns und weniger Schließungen haben auch zu weniger starken Einbrüchen geführt. Allerdings ist die Corona-Übersterblichkeit in vielen Ländern massiv und auch die ohnehin maroden Gesundheitssysteme sind zeitweise wegen der hohen Infektionszahlen kollabiert. "Die Länder haben einen Teil der Covid-Maßnahmen einfach aufgegeben und der Wirtschaft den Vorrang gegeben", so Holzner.

Massiver Anstieg bei den Investitionen

Haupttreiber des Wachstums ist in der Region der private Konsum. Dieser stieg im zweiten Quartal in Osteuropa um 14,5 Prozent. Aber auch die Investitionen zogen mit 18 Prozent massiv an. Dabei sticht vor allem Estland hervor. Dort wurde sehr viel im Bereich Digitalisierung investiert - das Land ist hier EU-Vorreiter - und auch in Biotechnologieanlagen und einer eigenen Impfstoffproduktion. Aber auch der Osten Europas kämpft mit Lieferverzögerungen und der Halbleiter-Knappheit. Viele Industriebetriebe in Tschechien, der Slowakei oder am Westbalkan finden wegen des Chip-Mangels nicht zu einer vollen Auslastung zurück.

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Wie fast überall derzeit, ist die Inflation auch in dieser Region spürbar gestiegen. In den meisten Ländern liegen die Inflationsraten bei 3 bis 4 Prozent. Eine Ausnahme ist die Türkei, die aber schon länger mit einer horrenden Lira-Inflation kämpft. Haupttreiber sind dabei auch hier die sehr hohen Energiepreise. Holzner und seine Forscherkollegen gehen davon aus, dass es sich noch um Nachholeffekte handelt und dass sich die Inflation bald auf einem etwas niedrigerem Niveau einpendeln wird.

Einige Notenbanken in der Region haben aber schon mit leichten Erhöhungen der Leitzinsen darauf reagiert. "Das ist aber noch keine Abkehr von der derzeit lockeren Geldpolitik. Die Anhebungen bewegen sich noch deutlich unter der Inflationsgrenze, sodass die Zinsen nach wie vor sehr niedrig sind", so der Ökonom. Die Gefahr einer möglichen Überhitzung sieht er derzeit nur am Immobilienmarkt. Die Preise und Wohnkosten sind in fast allen Ländern doppelt so stark gestiegen, wie die Inflation.

Auch im Osten herrscht Fachkräftemangel

Am Arbeitsmarkt sieht es in den CEE-Ländern und am Westbalkan ähnlich aus wie in Österreich: Einerseits ist die Arbeitslosigkeit noch relativ hoch im Vergleich zu Vor-Corona. Anderseits gibt es immer mehr offene Stellen und einen spürbaren Fachkräftemangel. Während Corona sind allerdings auch wieder einige, hoch qualifizierte junge Arbeitnehmer in ihre Heimatländer zurückgekehrt. Das wirkt sich auch auf den Fachkräftemangel in Österreich aus.

Wie sich die Wirtschaft in Osteuropa entwickelt, ist auch für heimische Unternehmen zentral. Österreich ist in 10 Ländern unter den Top-5-Auslandsinvestoren, in vier weiteren untern den Top 10. Zahlreiche heimische Firmen sind am Balkan und in den östlichen EU-Staaten aktiv. Österreichische Banken, Versicherungen und Supermarktketten haben dadurch stark vom steigenden Konsum und von der wirtschaftlichen Erholung profitiert.(del)