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Es bleibt teuer

Von Marina Delcheva

Wirtschaft

Eine Zinserhöhung hätte laut Experten wenig Einfluss auf die Inflation.


Heizen oder Tanken mit fossilen Brennstoffen ist derzeit um 23,5 Prozent teurer als vor einem Jahr. Die durchschnittlichen Mietkosten sind zuletzt um mehr als 8 Prozent gestiegen. Und Lebensmittel sind im gesamten Euroraum um 2 Prozent teurer geworden. Die Inflation steigt weiter. Laut der Schnellschätzung von Statistik Austria betrug sie im Oktober 3,6 Prozent. Im gesamten Euroraum ist sie laut Eurostat um 4,1 Prozent gestiegen.

Trotzdem hält die Europäische Zentralbank (EZB) weiterhin an ihrer ultralockeren Geldpolitik fest und hat erst am Donnerstag verkündet, vorerst keine Zinserhöhung vorzunehmen. Dafür hat sie gute Gründe. Unumstritten sind diese aber nicht. Kritiker werfen ihr vor, mit der anhaltenden Geldschwemme die Inflation gar zu befeuern.

Keine Schnellschüsse

"In der Vergangenheit ist es schon einmal schiefgegangen, die Zinsen zu früh nach einer Krise zu erhöhen", sagt Lea Steininger, Ökonomin an der Wirtschaftsuniversität Wien, im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". 2011 hat die EZB nach der Finanzkrise die Zinsen relativ rasch wieder angehoben und damit die Staatsschuldenkrise vor allen in den südlichen Euro-Ländern befeuert.

"Die Inflationsberechnung setzt sich aus sehr vielen verschiedenen Komponenten zusammen und die Preissteigerungen haben in den unterschiedlichen Bereichen auch unterschiedliche Gründe", so Steininger. Wohingegen die geldpolitischen Möglichkeiten der EZB, wie die Zinssetzung, den Finanzmarkt gesamtheitlich beeinflussen.

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Dass die Inflation derzeit so hoch ist, liegt zum einen daran, dass sie im Vorjahr wegen der Pandemie eben sehr niedrig war. Außerdem sind wegen der hohen Nachfrage derzeit die Energiepreise stark gestiegen und es kommt zu Lieferengpässen und Lieferverzögerungen. "Darauf hätte eine Zinserhöhung kaum beziehungsweise nur wenig Einfluss", verteidigt auch Wifo-Ökonom Josef Baumgartner die Entscheidung der EZB, vorerst nicht an den Zinsen zu rütteln. "Das Problem ist auch, dass die Inflation in Europa, anders als in den USA, nicht von Konsum und Investitionen angetrieben ist", sagt er.

Mittelfristig höhere Inflation

Nach den eher niedrigen Inflationsraten der vergangenen zehn Jahre stellen sich die Wirtschaftsforscher mittelfristig wieder auf eine etwas höhere Inflation ein. "Ich glaube, dass die Inflation zumindest in den nächsten Monaten weiter anzieht", so Baumgartner. Für Jänner rechnet das Wifo sogar mit einer Teuerung von 4,5 Prozent, für das Jahr 2022 mit rund 3,1 Prozent, wobei sich die Teuerungsraten ab Mitte des Jahres abflachen sollen.

EZB-Chefin Christine Lagarde hat aber angesichts dessen auch durchklingen lassen, dass das sogenannte Pandemic Emergency Purchase Program (PEPP) im März 2022 auslaufen soll. Das mit 1,85 Billionen Euro dotierte Programm sollte durch den Ankauf von Wertpapieren wie Staatsanleihen die Finanzierungskonditionen für die Wirtschaft in der Krise möglichst günstig halten.

Die Nullzinspolitik der vergangenen Jahre hat allerdings auch die Immobilienpreise stark angetrieben. "Durch die niedrigen Zinsen sind die Investitionen in Richtung Betongold geflossen", so Baumgartner. Immobilienpreise werden übrigens in der Inflationsberechnung nicht berücksichtigt, weil es sich bei Wohnungseigentum um kein (kurzfristiges) Konsumgut handelt.

"Anstatt jetzt überall Inflationsängste in der Bevölkerung zu schnüren, sollten wir uns überlegen, wie wir fiskalpolitisch auf Probleme wie teuren Wohnraum, hohe Energiekosten oder medizinische Versorgung reagieren", meint Steininger.