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Börsen trotzen Covid mit Rekorden

Von Karl Leban

Wirtschaft

Weltweit gab es 2021 fast überall ein dickes Jahresplus, Wiens ATX war mit 39 Prozent globaler Spitzenreiter.


Fast zwei Jahre wütet die Corona-Pandemie schon, und keiner kann mit Sicherheit sagen, wie lange der Spuk noch anhält. Trotzdem ist es an den Aktienbörsen auch heuer mit den Kursen zum Teil steil nach oben gegangen. Gab es 2020 - nach dem durch Covid ausgelösten Crash im Frühjahr - bereits einen kräftigen Rebound, der etlichen Indizes in weiterer Folge Rekordstände verschaffte, so hat sich dieser Trend 2021 trotz der jüngsten Verunsicherung durch die hochinfektiöse Omikron-Mutante fortgesetzt. Erst am Mittwoch markierte etwa der S&P, der Index der 500 größten US-Aktientitel, ein neues Allzeithoch.

Mit Blick auf die weiterhin extrem lockere Geldpolitik der großen Notenbanken, den damit einhergehenden Aufschwung der Weltwirtschaft sowie das überraschend starke Gewinnwachstum der Unternehmen erwiesen sich Aktien als Geldanlage jedenfalls auch im heurigen Jahr als unschlagbar. Die größten Kursgewinne konnten Investoren dabei in Europa und den USA einstreichen.

So legte zum Beispiel der marktbreite Eurostoxx-Index, dem 50 namhafte europäische Großkonzerne angehören, im Gesamtjahr um mehr als 20 Prozent zu, der Frankfurter Leitindex DAX um rund 16 Prozent und der ATX, das wichtigste Aktienbarometer der Wiener Börse, sogar um fast 39 Prozent, was weltweit eine der besten Performances war.

Am Börsenplatz New York schaffte der Dow Jones, der rund um den Globus am meisten beachtete Aktienindex, ein Jahresplus von mehr als 20 Prozent. Noch stärker hinauf - um jeweils rund 30 Prozent - ging es mit dem S&P und dem Nasdaq-100, wo Hightech-Größen wie Apple, Amazon, Microsoft, Tesla oder Facebook gelistet sind. In Asien stieg der Nikkei-225, der Leitindex der Tokioter Börse, hingegen nur um 5,6 Prozent, während der Hangseng in Hongkong sogar knapp 16 Prozent einbüßte.

Wie das Börsenjahr 2022 wird

Für das kommende Jahr rechnet Peter Brezinschek, Chefanalyst der Raiffeisen Bank International (RBI), generell mit nicht mehr so großen Sprüngen wie heuer. Aus seiner Sicht sollten die Kurssteigerungen an den Märkten alles in allem aber immer noch substanziell sein. Konkret spricht Brezinschek von einer "hohen einstelligen bis leicht zweistelligen Prozenthöhe", wobei das Fundament dafür im Wesentlichen in der ersten Hälfte 2022 gelegt werden dürfte.

"Das erste Halbjahr wird eine große Entspannung bei Covid-19 bringen", erklärt der Kapitalmarktexperte im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". "In den ersten beiden Quartalen werden wir die größten Kurssteigerungen sehen." Neue Höchststände der Börsenindizes in Europa und den USA seien da "durchaus möglich" - beim ATX etwa mehr als 4.000 Punkte, beim DAX über 17.000 Einheiten oder beim S&P Stände um die Marke von 5.000 Zählern.

Hingegen wird die zweite Jahreshälfte nach Brezinscheks Einschätzung ein "bisschen mehr Hochschaubahn" werden. Von höheren Schwankungen sei auszugehen, "weil die Europäische Zentralbank wohl Farbe bekennen muss", so der Raiffeisen-Analyst. Brezinschek verweist in diesem Zusammenhang auf das aktuelle Inflationsproblem und den zunehmenden Druck aufseiten der EZB, es der US-Notenbank gleichzutun und mit Zinserhöhungen zu reagieren. Außerdem werde sich der Blick der Märkte im zweiten Halbjahr mehr und mehr auf 2023 richten, und da dürfte sich die Wirtschaft nach ihrem starken Aufschwung allmählich wieder dem Potenzialwachstum annähern, womit sich das Gewinnwachstum der Unternehmen abschwächen werde.

"Kleinere Brötchen"

"2022 werden wohl kleinere Brötchen gebacken werden als 2021", glaubt auch Monika Rosen, Chefanalystin der Bank Austria. Eine Jahresperformance von 20 bis 30 Prozent wie heuer sei nicht mehr in Sicht. "Im relativen Vergleich sollten Aktien dennoch besser als Anleihen performen", sagt Rosen.

Auch andere Fachleute sehen das so. Für diese Einschätzung gibt es freilich Risiken. Sollte sich die Pandemie verschärfen oder die Lage sich so entspannen, dass die Wirtschaft stark überhitzt, sodass die Notenbanken zu überraschenden Maßnahmen gezwungen sind, auf die der Markt nicht vorbereitet ist, dann könnte eine Korrektur sowohl Aktien als auch Anleihen ins Minus ziehen. Für Vermögensverwalter und Banken wäre dies eine höchst unerfreuliche Situation. "Das ist ein wirklich gefürchtetes Szenario in der Branche", heißt es.