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Ein Kratzer an Putins Finanzfestung

Wirtschaft

Die Sanktionen gegen Russlands Banken waren in der ersten Runde moderat. Der nächste Schritt wird mehr Schaden anrichten.


Wenn es etwas gegeben hat, mit dem Wladimir Putin vielleicht so nicht gerechnet hat, dann war es die Geschlossenheit der anderen Seite. Die westlichen Staaten, die der russische Präsident in der Vergangenheit immer wieder auseinanderzudividieren versucht hat, hielten sich exakt an das vorab und gemeinsam angekündigte Drehbuch: Die Sanktionen gegen Russland wegen der Anerkennung der selbst ernannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk wurden mehr oder weniger im Gleichschritt angekündigt, gleichzeitig machten die USA und die europäischen Staaten deutlich, dass nach der ersten Sanktionsrunde noch einmal deutlich nachgelegt werden kann, falls die militärische Eskalation in der Ostukraine weitergeht.

"Unbedeutende Banken"

Tatsächlich kratzen die verhängten Strafmaßnahmen in einigen Bereichen vorerst nur an der Oberfläche. So betreffen die US-Sanktionen im Bankensektor mit der im Rüstungsgeschäft tätigen Promsvyazbank und der VEB Bank nur zwei mehr oder weniger unter staatlicher Kontrolle stehende Geldhäuser. Mit einer Bilanzsumme von umgerechnet 85 Milliarden Dollar sind die beiden Institute auch vergleichsweise klein, die auch stark in Russland exponierte Raiffeisen Bank International kommt etwa auf knapp mehr als 200 Milliarden Dollar. "Die jetzt sanktionierten Banken sind nicht wirklich sehr bedeutsam", sagt Samuel Charap, der als Analyst bei der Denkfabrik Rand Coopration arbeitet, gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters.

Sieht man von der Maximalmaßnahme, dem Ausschluss aus dem internationalen Finanztransaktionssystem Swift (siehe dazu Seite 7), einmal ab, dann würden Sanktionen Russland wohl dann wehtun, wenn auch die größten Banken wie die Sberbank oder die VTB, die zusammen mehr als 750 Milliarden Dollar verwalten, ins Visier genommen werden, etwa durch ein Handelsverbot oder das Verbot, gewisse Dienstleistungen für diese Institute abzuwickeln. Internationale Zahlungen durchzuführen wäre für diese Unternehmen dann so gut wie unmöglich.

Doch Strafmaßnahmen gegen die wirklich großen Fische zu verhängen würde dem Westen auch deutlich schwerer fallen. Denn die großen russischen Banken sind nicht nur auf umfassende Weise in das globale Finanzsystem integriert, womit die von derartigen Maßnahmen ausgehenden Schockwellen wohl nicht nur auf Russland beschränkt blieben. Wie ranghohe US-Vertreter relativ freimütig einräumen, hätten Sanktionen gegen russische Großbanken wohl auch unweigerlich Vergeltungsaktionen gegen europäische und amerikanische Geldhäuser zur Folge. Charap zufolge würde es dabei auch wohl nicht bei Marktzugangssperren oder dem Einfrieren von Vermögenswerten bleiben. Der Analyst hält es auch für möglich, dass Banken in den USA und in Europa per Cyber-Attacke angegriffen werden.

Besser gerüstet als 2014

Abgesehen davon sehen viele Experten Russland heute als besser auf Sanktionen vorbereitet als nach dem Überfall auf die Krim 2014. So hat sich das russische Finanzsystem in den vergangenen acht Jahren deutlich diversifiziert. In den Bilanzen der Banken spielen US-Anleihen und Dollar-Bestände nun eine deutlich geringere Rolle, auch das Engagement in den westlichen Märkten wurde stark zurückgefahren. So schätzt die russische Ratingagentur ACRA, dass die Geldhäuser des Landes im Dezember Banknoten in Fremdwährung im Wert von fünf Milliarden Dollar importiert haben, um im Falle von Sanktionen die erhöhte Nachfrage befriedigen zu können. Ende 2014 war die Summe der Fremdwährungsimporte freilich noch bei 18 Milliarden Dollar gelegen. (rs)