Russlands Krieg gegen die Ukraine hat die Börsenpläne vieler Konzerne durchkreuzt. Rund um den Globus wagten im ersten Quartal gerade einmal 321 Unternehmen den Sprung aufs Börsenparkett und damit 37 Prozent weniger als im Vorjahresquartal, wie die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft EY (Ernst & Young) erhoben hat. Die Unternehmen spielten dabei 54 Milliarden US-Dollar (49,3 Milliarden Euro) ein - gerade einmal halb so viel wie vor Jahresfrist.
Im Gesamtjahr 2021 hatte es weltweit so viele Börsengänge (Initial Public Offering / IPO) gegeben wie seit dem Jahr 2000 nicht mehr. Und auch der Start ins neue Jahr hatte Hoffnung gemacht: Im Jänner lag das weltweite Emissionsvolumen mit 32 Milliarden Dollar nach EY-Angaben vom Montag noch auf dem höchsten Stand seit 21 Jahren.
Zurückhaltung bei Investoren
Doch die Unsicherheit an den Märkten nahm infolge des Krieges zu, Investoren sind in so einem Umfeld eher zurückhaltend. "Viele Unternehmen warten in der jetzigen Situation erst einmal ab und nutzen die Zeit, um sich gut auf den Börsengang vorzubereiten", erklärt EY-Partner Martin Steinbach. "Daher könnte die zweite Jahreshälfte 2022 auch wieder deutlich aktiver werden."
An der Wiener Börse startete im ersten Quartal der oberösterreichische Zweiradkonzern Pierer Mobility im Top-Segment, dem ATX-Prime. Einen Neuzugang gab es auch mit der Firma Lekta Therapy, deren Aktien seit Jänner im Einstiegssegment "direct market plus", das sich an Klein- und Mittelbetriebe und expandierende Jungunternehmen richtet, gehandelt werden können. Laut EY war der Vienna MTF der Wiener Börse im ersten Quartal mit rund 1.800 neuen Notierungen die Nummer eins unter den europäischen Anleihenlistingplätzen.
Südkorea hatte größtes IPO
In Deutschland dämpfte der Ukraine-Krieg die IPO-Aktivitäten im traditionell schwachen ersten Quartal zusätzlich: Mit drei Börsengängen operativer Firmen sowie einer sogenannten Spac-Emission gab es nur vier Erstnotizen am deutschen Aktienmarkt in den ersten drei Monaten 2022. Spacs (Special Purpose Acquisition Companies) sind zunächst leere Unternehmenshüllen. Sie listen ihre Aktien als eine Art Platzhalter, um später einmal mit Firmen verschmolzen zu werden und diese so auf kurzem Wege durch die Hintertür an die Börse zu holen.
Den weltweit größten Börsengang im ersten Quartal des laufenden Jahres gab es in Südkorea: Der Batteriehersteller LG Energy Solution erlöste im Jänner 10,7 Milliarden US-Dollar. (red.)