Menschenrechte und Umweltstandards: Parameter, die bei der Produktion von billiger Kleidung ("Fast Fashion"), mitsamt deren langer Lieferketten meist auf der Strecke bleiben. Finnland möchte nun gegensteuern: Die Skandinavier streben mit dem Projekt "Telavalue" seit Februar eine zur Gänze nachhaltige Wertschöpfungskette in der Textilindustrie an.
In dem von der staatlichen Wirtschaftsförderung koordinierten und mitfinanzierten Innovationsprojekt sollen Unternehmen und Forschungsinstitute an Lösungen arbeiten. Im Vordergrund stehen dabei die Forschung in neuartige Fasern aus wiederverwerteten Alttextilien, sowie die Etablierung eines einheitliches Recyclingsystems für Kleidung aus synthetischen Fasern. Universitäten sollen neue Geschäftsmodelle entwickeln, die Textilbetrieben die Umstellung auf die Kreislaufwirtschaft erleichtern und Firmen bei der Entwicklung langlebiger und nachhaltiger Textilprodukte unterstützen. Damit möchte man künftig auf das erdölbasiert hergestellte Polyester und die wegen des hohen Wasserverbrauchs im Anbau problematische Baumwolle verzichten.
Projektbudget für zwei Jahre
Das Gesamtbudget des zweijährigen Projektes beträgt 1,8 Millionen Euro und soll als Anschub für eine gänzlich nachhaltig funktionierende Textilindustrie dienen. Durch diese erwartet sich das staatliche Forschungsinstitut VTT rund eine Milliarde Euro an Investitionen und 17.000 neue Arbeitsplätze bis zum Jahr 2035.
Der Ruf nach geregelten Lieferketten, die Ausbeutung und Arbeiten unter prekären Bedingungen in Drittländern verhindern sollen, ist kaum mehr zu überhören. Die EU-Kommission hat im Februar einen Gesetzesvorschlag präsentiert, der in der Bekleidungs- und der Lebensmittelproduktion besondere Regelungen vorsieht: Europäische Unternehmen ab 250 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von 40 Millionen Euro sollen demnach verpflichtet werden, laufend Kontrollen durchzuführen, ob ihre Zulieferer Umweltstandards und Menschenrechte einhalten. Bei Verstößen seien die Unternehmen dazu verpflichtet, Maßnahmen zu ergreifen, um die Situation vor Ort zu verbessern. Andernfalls würden Geldstrafen und Schadenersatzzahlungen drohen.
Deutsches Gesetz seit 2021
In Deutschland wurde ein ähnliches Gesetz, wenn auch ein weniger strenges, bereits im Vorjahr beschlossen: Ab 2023 sollen global agierende Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeitern die Einhaltung internationalen Richtlinien zum Schutz der Menschenrechte und der Umwelt in ihren Geschäftsbereichen kontrollieren. Im Folgejahr soll das Gesetz auch für Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten gelten. Bei Verstößen würden demnach ebenfalls Haftungsansprüche drohen.
Ein derartiges Gesetz wurde in Österreich bis dato noch nicht verabschiedet. Seitens der Wirtschaftskammer (WKO) hat man sich in der Vergangenheit zwar immer für einen einheitlichen Rechtsrahmen ausgesprochen, jedoch "muss der für Unternehmen in der Praxis umsetzbar sein." Ins selbe Horn stößt Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP), die sich grundsätzlich ebenfalls dafür ausspricht, zum EU-Gesetzesvorschlag im Februar jedoch meinte: "Man muss aber vermeiden, ein Bürokratiemonster zu kreieren."