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Countdown läuft: EZB bereitet Zinserhöhung vor

Von Karl Leban

Wirtschaft

In ihrer Sitzung am Donnerstag wird die Zentralbank das Ende ihrer Anleihenkäufe beschließen.


Gut Ding braucht Weile. Diesem Motto wird sich die Europäische Zentralbank wohl auch bei ihren kommenden, am Donnerstag anstehenden Beratungen verpflichtet sehen. Obwohl die Inflation in der Eurozone weiter anzieht und im vergangenen Monat mit 8,1 Prozent einen neuen Rekordwert erklommen hat, ist daher zunächst noch mit keiner Leitzinserhöhung zu rechnen. Doch eines gilt als sehr wahrscheinlich: Für die erste Zinsanhebung seit elf Jahren werden Europas Währungshüter im Zuge ihres auswärtigen Treffens in Amsterdam in einem vorbereitenden Schritt alle notwendigen Weichen stellen. Zum einen dürften sie das Aus für das milliardendenschwere Anleihen-Kaufprogramm APP besiegeln, und zum anderen werden sie wohl - noch stärker als zuletzt - signalisieren, dass sie danach im Juli die Zinswende einleiten.

Die Zurufe von Experten, die sagen, es sei angesichts der rasant steigenden Verbraucherpreise bereits hoch an der Zeit, an der Zinsschraube zu drehen, sind gerade in den vergangenen Wochen immer lauter geworden. Die Europäische Zentralbank (EZB) steht jedenfalls unter Zugzwang. Selbst Präsidentin Christine Lagarde, die innerhalb des EZB-Rats lange zum Kreis der Bremser bei der Abkehr vom billigen Geld gehörte, hat inzwischen wiederholt zu verstehen gegeben, dass die Ära der negativen Zinsen bis Ende September Geschichte sein wird.

Neben einer Reihe anderer Notenbanker hat kürzlich auch EZB-Direktorin Isabel Schnabel "zügiges und entschlossenes Handeln" eingefordert, um die Preisstabilität im Euroraum mittelfristig zu sichern. "Die Zeit des Wartens und Zögerns ist vorbei", ist im Umfeld der EZB nun vielfach zu hören. Eine erste Zinserhöhung im Juli scheint damit so gut wie fix, dieser könnten dann nach Einschätzung von Finanzmarkexperten noch bis zu drei weitere bis Jahresende folgen.

Was das Ausmaß der zu erwartenden Schritte betrifft, sind jüngste Aussagen Lagardes dahingehend interpretiert worden, dass die EZB-Chefin eher kleine Zinsanhebungen von 0,25 Prozentpunkten befürworten würde, um ein Abwürgen der kriegsbedingt ohnehin bereits verlangsamten Konjunktur zu vermeiden. Robert Holzmann, Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank und damit auch EZB-Ratsmitglied, hielte hingegen eine Zinserhöhung um einen halben Prozentpunkt - gleich im Juli - für "angemessen".

Rendite bei Anleihen steigt

Holzmann zählt zu den Verfechtern einer eher strafferen Geldpolitik. "Ein größerer Zinsschritt zu Beginn unseres Zinserhöhungszyklus wäre sinnvoll", zitierte ihn die US-Finanznachrichtenagentur Bloomberg vor Kurzem. Den Märkten würde das signalisieren, "dass wir die Notwendigkeit zum Handeln erkannt haben", so Holzmann. "Alles andere würde Gefahr laufen, als schwach wahrgenommen zu werden."

Für eine Zinserhöhung um 0,50 Prozentpunkte in einem ersten Schritt haben sich zuletzt auch der niederländische Notenbankchef Klaas Knot und sein lettischer Kollege Martins Kazaks stark gemacht. Trotz der Vorgaben Lagardes sei das "nicht vom Tisch", sagten sie. François Villeroy de Galhau, Präsident der Banque de France, erklärte allerdings, eine Anhebung um 0,5 Punkte sei im EZB-Rat zum jetzigen Zeitpunkt nicht Konsens.

Indes steigt das Zinsniveau bei österreichischen Bundesanleihen - aufgrund der Erwartung einer baldigen Zinserhöhung sowie des anhaltenden Inflationsdrucks im Euroraum - weiter an. Im Rahmen seiner Aufstockung am Dienstag erreichte ein zehnjähriger, im März neu emittierter Bond eine Rendite von 1,78 Prozent. Bei der Aufstockung im Mai hatte die Rendite erst 1,55 Prozent betragen.