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Porsches Börsengang noch in Schwebe

Von Karl Leban

Wirtschaft

Das schwache Marktumfeld und eine zu niedrige Bewertung der Sportwagen-Tochter könnten die Pläne von VW vereiteln.


Noch ist unklar, ob der deutsche Autoriese VW die Porsche AG, seine Sportwagen-Tochter, wie geplant im kommenden vierten Quartal an die Börse bringt. An den Aktienmärkten ist die Stimmung derzeit nämlich alles andere als gut, und das könnte jedenfalls länger so bleiben. Schuld daran sind vor allem der Krieg in der Ukraine, die massiven Inflationsschübe sowie eine drohende Rezession. All das überschattet bei VW den im Frühjahr verkündeten Plan, Teile von Porsche über die Börse zu verkaufen und so Milliarden einzunehmen, die helfen sollen, die Offensive des Wolfsburger Konzerns bei E-Autos mitzufinanzieren.

Investmentbanker sondieren gerade, ob der Markt für einen Börsengang überhaupt aufnahmefähig und welche Bewertung für das Kult-Unternehmen aus Stuttgart dabei möglich wäre. Bis Ende August soll hier Klarheit herrschen. Stehen die Chancen gut, dass der Börsengang erfolgreich durchgezogen werden kann, könnte der VW-Aufsichtsrat kurz danach die nötigen Beschlüsse fassen. Im besten Fall könnte Porsche dann Anfang Oktober die Börsenpremiere haben. Sollte hingegen vieles gegen einen Börsengang noch heuer sprechen, wird Volkswagen seine Pläne wohl einfrieren oder ganz abblasen.

Deal mit Familien-Aktionären

Unter dem Dach des VW-Konzerns fährt der Luxusautobauer Porsche als eine von zwölf Marken seit nunmehr 13 Jahren. Das - 1931 von dem österreichischen Autokonstrukteur Ferdinand Porsche gegründete - Unternehmen ist nicht zu verwechseln mit der ebenfalls in Stuttgart ansässigen Porsche Automobil Holding (kurz Porsche SE), die bereits börsennotiert und seit 2009 über die Familien Porsche und Piëch Mehrheitsaktionärin der Volkswagen AG ist.

Der mögliche Börsengang der Porsche AG hat das Zeug, einer der größten der Welt zu werden. Geplant ist, das Grundkapital je zur Hälfte in Vorzugs- und Stammaktien aufzuteilen. In weiterer Folge sollen bis zu 25 Prozent der stimmrechtslosen Vorzüge am Kapitalmarkt platziert werden, das wären 12,5 Prozent des Gesamtkapitals. Mit den Familien Porsche-Piëch hat VW indes vereinbart, dass diese über ihre Holding Porsche SE im Fall eines Börsenganges 25 Prozent der Stammaktien plus eine Aktie erwerben. Die beiden Familien würden damit eine Sperrminorität erhalten und hätten als VW-Großaktionär so wieder ein direktes Mitspracherecht bei dem Sportwagenbauer. Gegen ihren Willen würde dann dort nichts laufen.

Nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters bescheinigen Investmentbanker dem weltbekannten Hersteller sportlicher Edelkarossen eine Bewertung von 60 bis 80 Milliarden Euro. Bei manchen Analysten ist sogar von 100 Milliarden Euro die Rede. Das Emissionsvolumen von 15 bis 25 Milliarden Euro, das sich daraus ergibt, wenn ein Viertel der Anteile an die Börse kommt, brächte Porsche in eine Liga mit riesigen Börsengängen wie Alibaba, Softbank oder der Bank of China.

Dem Vernehmen nach wäre eine Bewertung von 60 Milliarden Euro die absolute Schmerzgrenze für Volkswagen. Unterhalb dieser würde der DAX-Konzern Porsche nicht an die Börse bringen, wie in Finanzkreisen zu hören ist. Was für VW ebenfalls ein Dilemma wäre: Bei einer Bewertung am unteren Ende der genannten Spanne könnten die Familien Porsche-Piëch bei der Porsche AG zwar günstig einsteigen. VW müsste dann aber deutliche Abstriche beim Erlös machen, mit dem das Unternehmen seinen teuren Umbau zu einem Elektroautokonzern finanzieren will. Analysten von Bernstein Research haben den fairen Wert für Porsche zuletzt auf 75 Milliarden Euro taxiert.

Hochprofitables Unternehmen

Auch wenn zum Großprojekt Börsengang noch keine endgültige Entscheidung in den VW-Gremien gefallen ist: Mit der Aussicht auf ein starkes Umsatz- und Gewinnwachstum im Gesamtjahr 2022 hat Porsche bei Investoren zuletzt bereits die Werbetrommel gerührt. So soll der Umsatz heuer von 33,1 Milliarden auf 38 bis 39 Milliarden Euro steigen - ein Zuwachs um 15 bis 18 Prozent. Den Gewinn, der sich im Vorjahr auf 5,3 Milliarden Euro belief, erwartet Porsche in einer Bandbreite von 6,5 bis 7,0 Milliarden Euro.

Damit soll sich die Gewinn-Marge im laufenden Jahr von 16 auf 17 bis 18 Prozent des Umsatzes verbessern. Mittelfristig hat Porsche 17 bis 19 Prozent im Visier, langfristig sogar mehr als 20 Prozent.

An der Börse ist es zuletzt in Mode gekommen, finanzmarktnotierte Ableger großer Konzerne zu schaffen. So spaltete im vergangenen Jahr etwa der VW-Rivale Daimler sein Geschäft mit Lastkraftwagen und Bussen von seiner Autosparte ab. Dahinter steht die Logik, dass beide Einheiten - separat betrachtet - beweglicher und am Ende profitabler sind.

So könnte es im Fall eines eigenen Börsenlistings auch bei Porsche sein. "Die Fantasie bei den Aktien reiner Sportwagenbauer besteht darin, dass im Gegensatz zu herkömmlichen Autobauern ein höheres Kurs-Gewinn-Verhältnis möglich ist - also höhere Bewertungen", erklärt die eigenständig arbeitende Wiener Börsenanalystin Monika Rosen. Wo sie ebenfalls einen Pluspunkt sieht: "Sportwagenbauer können den Übergang zu E-Autos, der in der Autobranche derzeit aufgrund der teuren Produktion mit niedrigeren Margen verbunden ist, leichter stemmen."