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Nach dem Homeoffice boomt das Remote Office

Von WZ-Korrespondentin Barbara Barkhausen

Wirtschaft

Während Elon Musk seine Mitarbeiter wieder ins Büro befehligt, setzen andere Arbeitgeber trotz gelockerter Corona-Regeln auf flexibles Arbeiten. Dies hat das digitale Nomadentum explodieren lassen.


Auf den ersten Blick wirkt der Co-Working Space der Firma Outpost auf Bali mehr wie ein Resort. Am Pool sonnt sich eine junge Frau, dahinter sitzt eine Gruppe zusammen - im Gespräch vertieft. Nicht weit davon hat sich eine weitere Runde mit Laptops zusammengefunden. "Seit die Covid-Reisebestimmungen nachgelassen haben, erleben wir eine explosionsartige Zunahme bei der Anzahl digitaler Nomaden", sagte David Abraham, einer der Mitgründer der Firma Outpost, die Menschen ansprechen möchte, die über einen Zeitraum in einem anderen Land leben und von dort aus "remote" arbeiten wollen.

Im Juni meldete Outpost die bisher meisten Buchungen seit der Gründung der Firma 2016. Besonders beliebt ist Bali - die indonesische Urlaubsinsel sei "der globale Hotspot", wie Abraham sagte. Doch auch Portugal, Kolumbien, Kroatien und Thailand würden immer beliebter. Abraham selbst kam die Idee für seine Firma einst, als er mit seinem Laptop in einem Starbucks in Tokio saß. Dabei fiel ihm auf, dass die Kunden um ihn herum ebenfalls alle arbeiteten. Letzteres gab ihm die Idee, dass sich das ja auch an einen Urlaubsort wie Bali verlegen lassen würde, wo es deutlich schöner ist als in einem Starbucks in Tokio.

Nach dem Zoom-Call zum Surfen

Bei vielen hat die Pandemie und das damit verbundene "Remote"-Arbeiten den Anstoß zum digitalen Nomadenleben gegeben. Viele würden inzwischen nicht mehr in der gleichen Stadt bleiben wollen, in der sie leben, oder in der Nähe der Büros, in denen sie früher gearbeitet haben, so Abraham. "Die Menschen brennen darauf, ihre neuen ‚Remote‘-Jobs mit in die ganze Welt zu nehmen und mit anderen Gleichgesinnten an idyllischen Orten zu arbeiten." Bei Outpost können die digitalen Nomaden zwischen ihren Zoom-Meetings Surfen gehen, sich im Pool erfrischen oder an der Bar ein kühles Getränk schlürfen.

Bali ist seit seiner Öffnung eines der begehrtesten Ziele für digitale Nomaden, obwohl die rechtliche Lage eher eine Grauzone ist. Nach indonesischem Recht müsste jeder, der sich innerhalb von zwölf Monaten 183 Tage im Land aufhält, wie ein Einheimischer Steuern zahlen. Wer Steuern zahlt, muss aber natürlich auch eine offizielle Arbeitserlaubnis haben - ein Touristenvisum reicht dabei nicht aus. Nun soll es aber künftig ein spezielles Fünfjahresvisum geben, das digitale Nomaden von der Zahlung lokaler Steuern befreien würde, solange sie ihr Einkommen nicht im Inland generieren. Das sogenannte Digital Nomad Visa, das von Indonesiens Tourismusminister Sandiaga Uno angekündigt wurde, soll im nächsten Jahr über 3,6 Millionen internationale Reisende ins Land bringen. Der US-Finanznachrichtenagentur Bloomberg sagte Uno, dass in einer Umfrage 95 Prozent der digitalen Nomaden angegeben hätten, Indonesien und vor allem Bali seien das für sie interessanteste Ziel für "Remote"-Arbeit.

Bali erholt sich nur langsam von der Pandemie

Vor allem Bali kann die zusätzliche und längerfristige Einnahme gebrauchen. Denn die Insel wurde von der Pandemie besonders hart getroffen, zumal ein großer Teil der Balinesen auf den Tourismus angewiesen ist. Die indonesische Insel ist zwar katastrophengeprüft - nach den zwei Terroranschlägen von 2002 und 2005, dem Ausbruch der Vogelgrippe 2007 und der Eruption des Mount Agung, Balis höchstem Vulkan, im Jahr 2017 -, doch Covid-19 hat diese Extremereignisse nochmals in den Schatten gestellt.

Tausende Balinesen verloren aufgrund der geschlossenen Grenzen während der Pandemie ihre Arbeitsstellen im Tourismussektor. Viele kehrten damals in ihre Dörfer zurück und lebten wieder in eher einfachen Verhältnissen am Land, wo sie sich mit Landwirtschaft und Fischfang über Wasser hielten. Die engen Familienbande und der hinduistische Glaube halfen ihnen ebenfalls dabei, die Zeit zu überstehen.

Vom Massen- zumQualitätstourismus

In gewisser Weise habe die Corona-Pandemie die Bürger und die lokale Regierung gezwungen innezuhalten und über die Zukunft der Tourismusbranche auf der Insel nachzudenken, heißt es vonseiten der Gründer von Outpost, die selbst Expats sind. Wo früher der Schwerpunkt auf Massentourismus und der Erreichung immer höherer jährlicher touristischer Ziele lag, hat sich das Gespräch nun auf Qualitätstourismus verlagert - also einen Tourismus, der mehr zur Wirtschaft beiträgt und gleichzeitig weniger Auswirkungen auf die Umwelt hat.

Digitale Nomaden passen laut Abraham in dieses Konzept. Denn die meisten dieser Reisenden bleiben gemäß seiner Erfahrung zwischen einer Woche und einigen Monaten. Die Beweggründe sind dabei unterschiedlich: Manche hätten ihren Job gekündigt und würden über ein neues Projekt nachdenken, sagte der Outpost-Gründer. Andere würden ein Büro für ihre Startup-Idee mieten wollen, während wieder andere einfach nur ein paar Gleichgesinnte suchen würden, während sie ihre Projektarbeit aus der Ferne erledigten.