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Coca-Cola im Grünwaschgang

Von Sandra Czadul

Wirtschaft

Der Weltkonzern sponsert die COP27. Aktivisten und NGOs fürchten politische Einflussnahme.


Wollte man vor dem Jahr 1950 eine Coca-Cola trinken, gab es nur eine Option: die Glasflasche. Heute sieht das anders aus. Laut der NGO "Breakfreefromplastic" handle es sich bei Coca-Cola um den größten Plastikverschmutzer des Planeten. 2021 soll Coca-Cola für 5,18 Millionen Tonnen Kohlendioxid in der Atmosphäre und 2020 für drei Millionen metrische Tonnen Plastikflaschen auf Erdölbasis verantwortlich sein. Laut "Guardian" entspreche das 200.000 Plastikflaschen pro Minute.

Im September verkündete das ägyptische Außenministerium, dass Coca-Cola Sponsor der 27. Klimakonferenz sei, und wurde daraufhin mit einer Flut an Kritik konfrontiert. Aktivisten und NGOs werfen dem Konzern nicht nur "reines Greenwashing" vor, sondern bangen auch, dass der Deal Einfluss auf die Verhandlungen haben könnte.

Coca-Colas Versprechen

Coca-Cola kündigte an, seine Emissionen bis 2030 um 25 Prozent reduzieren zu wollen. Bis 2050 sollen keine CO2-Emissionen mehr verursacht werden. Laut Coca-Colas "Business & Environmental, Social and Governance Report 2020" plant das Unternehmen, seine Verpackungen bis 2025 weltweit recycelbar zu machen.

Coca-Cola Österreich teile das Ziel, Abfall zu vermeiden, und schreibt in einer Stellungnahme gegenüber der "Wiener Zeitung": "Für die Erweiterung des Mehrwegangebots investieren wir aktuell 10 Millionen Euro in den Ausbau einer Glas-Mehrweglinie im burgenländischen Edelstal."

Viele Aktivisten und Umweltorganisationen fragen sich aber, wie ernst es dem Konzern mit dem Umweltschutz wirklich ist. Denn beispielsweise zeigt eine Markenprüfung von "Cleanupkenya" aus dem Jahr 2021: "Das Unternehmen Coca-Cola ist der führende Plastikflaschen-Verursacher in Kenia. 41,57 Prozent aller geprüften PET-Flaschen stammten von dem Unternehmen."

"Grüne Wäsche" bei Firmen

Greenwashing ist eine Marketingtechnik, die einem Unternehmen dazu verhilft, sich grüner darzustellen, als es ist. Dabei werden beispielsweise mehr Ressourcen für Marketing, als für umweltgerechte Maßnahmen aufgewendet. Coca-Cola habe 2019 gut 4,24 Milliarden US-Dollar für Marketing und Werbung ausgegeben, während nur 11 Millionen US-Dollar in Umweltschutzmaßnahmen flossen, heißt es im "Breakfreefromplastic"-Report 2021.

Coca-Cola wirbt damit, Flaschen zu verwenden, die aus Meeresplastik bestehen. Das erhöhe zwar das Bewusstsein für das Plastikproblem, bekämpfe aber nicht die Ursache der steigenden Plastikverschmutzung und täusche damit die Konsumenten. Gleichzeitig erhebt die NGO "Changing Markets" den Vorwurf, Coca-Cola habe gegen ein Pfandrückgabesystem in Spanien und Schottland lobbyiert.

Ein Fortschrittsbericht der "Ellen MacArthur Foundation", einer NGO, die sich für die Kreislaufwirtschaft einsetzt, zeigt: Das Ziel, bis 2025 alle Verpackungen auf wiederverwendbare, recycelbare oder kompostierbare Verpackungen umzustellen, wird "mit ziemlicher Sicherheit" nicht erreicht werden. Außerdem wird darin ersichtlich, dass Coca-Cola im Jahr 2021 drei Prozent mehr Plastikverpackungen verwendet hat als im Jahr 2019. Auch wenn die Unternehmen in die Wiederverwertbarkeit ihrer Verpackungen investieren, heiße das noch nicht, dass in allen Ländern auch die Infrastruktur dafür vorhanden sei.

Ein Bericht von Greenpeace USA aus dem Jahr 2022 zeigt zudem, dass im vergangenen Jahr nur fünf Prozent des US-Plastikmülls - rund 51 Millionen Tonnen - recycelt wurden. Das liege daran, dass es für Unternehmen billiger sei, neues Plastik zu kaufen, als schon vorhandenes wieder zu verwenden.

Kritik von Gesundheits-NGOs

Einem OECD-Bericht (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) zufolge, wird sich die Menge der weltweit produzierten Kunststoffabfälle bis 2060 fast verdreifachen. Die Hälfte dieser Abfälle könnte auf Deponien landen, während weniger als ein Fünftel recycelt wird. Um das zu verhindern, ist die Politik gefragt. Es brauche Maßnahmen, die die Kunststoffnachfrage reduzieren, die Lebensdauer von Produkten durch Reparatur und Wiederverwendung verlängern und die Recyclingfähigkeit verbessern.

60 Gesundheitsorganisationen richteten sich am Freitag an die UN und fordern den Einfluss der Unternehmen auf Klimakonferenzen zu begrenzen. Vor allem Coca-Cola sei problematisch, da die Produkte in Verbindung mit Fettleibigkeit, schlechter Zahngesundheit und Krankheiten wie Diabetes und Krebs gebracht werden.

Die NGO "Corporate Accountability" kritisierte in einem Statement, dass die UN keine dauerhaften Kontrollen für das Sponsoring von Klimaverhandlungen vorsieht. Dadurch bekämen große Umweltverschmutzter ungehinderten Zugang zu Verhandlungen.

Georg Krakow von Transparency International Österreich meint allerdings: "Ich finde es grundsätzlich gut, dass man miteinander spricht. Solange Konzerne politische Entscheidungen nicht untunlich beeinflussen, sollten auch Unternehmen mit beachtlichem CO2-Fußabdruck nicht von der Klimakonferenz ausgeschlossen werden, weil man sie braucht, um das Problem zu lösen."

Wenn große Konzerne wie Coca-Cola für das Sponsoring kritisiert werden, wie soll die Klimakonferenz dann finanziert werden? Der Klimapolitik-Experte Reinhard Steurer äußert sich auf Anfrage folgendermaßen: "Solche Konferenzen sollten mit öffentlichen Geldern finanziert werden, und wenn Sponsoren zugelassen werden, dann nur solche, die an der Lösung und nicht an der Verschärfung des Problems mitwirken."