Alle wollen die Welt verändern, aber keiner sich selbst, soll Tolstoi einst gesagt haben. Was die Klimaziele betrifft, dürften die meisten Unternehmen nach wie vor eine ähnliche Einstellung haben. Denn wie eine Analyse des Carbon Disclosure Project (CDP) nun ergab, haben die meisten von ihnen keine - oder zumindest keine genauen - Strategien, wie sie das Klima entlasten wollen.
Nur 4.000 von 18.600 befragten Unternehmen aus 135 Ländern konnten demnach überhaupt einen Plan zur Erreichung der Klimaziele vorlegen. Nur 81 (0,4 Prozent) konnten auch konkrete Maßnahmen nennen, die sich an den 21 abgefragten Schlüsselindikatoren orientieren. In Europa hat zwar mittlerweile rund die Hälfte (49 Prozent) der befragten Unternehmen prinzipiell Pläne, die sich am internationalen Pariser Klimaziel einer maximalen Erderwärmung von 1,5 Grad orientieren. Weniger als fünf Prozent von ihnen können jedoch auch nachweisen, wie sie diese erreichen wollen.
"Jedes Unternehmen, das Auswirkungen auf die Umwelt hat, braucht klare Ziele, ebenso wie klare Pläne und Nachweise, dass es diese auch umsetzt", sagte CDP-Chef Maxfield Weiss in dem Bericht. Nach EU-Vorgaben müssten Unternehmen bald offenlegen, wie sie ihr Geschäft gemäß dem 1,5-Grad-Ziel umgestalten wollen.
Unternehmen würden allerdings nicht nur bei Klimaschutzmaßnahmen hinterherhinken, sondern seien auch nicht ausreichend auf die bevorstehende Welle von Vorschriften der Europäischen Union sowie auch nationaler Regierungen vorbereitet, warnt der CDP-Bericht.
Die Non-Profit-Organisation CDP ist die weltgrößte Investoreninitiative, in der sich 680 Finanzorganisationen zusammengeschlossen haben. Im Auftrag dieser Mitglieder befragt CDP jedes Jahr Unternehmen zu ihren Klimastrategien. Denn die Investoren wollen die Klimarisiken, die mit ihren Kapitalanlagen verbunden sind, verstehen und so dazu beitragen den Klimawandel zu stoppen. CDP hat dafür die weltgrößte Klimadatenbank aufgebaut, inklusive Unternehmensstrategien zum Klimawandel. Sie umfasst über 10.000 Maßnahmen zur Emissionsminderung, von denen sich zwei Drittel bereits nach weniger als drei Jahren finanziell auszahlen. Zudem hat man einen Klimaschutz-Leadership-Index entwickelt, der besonders transparent berichtende Unternehmen auflistet und so den Wettbewerb in Sachen Klimaschutz unterstützen soll.
Investoren erwarten Klimaschutzstrategie
Ein Klimaschutzplan ist ein zeitgebundener Aktionsplan, in dem ein Unternehmen darstellt, wie es seine Vermögenswerte, seine Geschäftstätigkeiten sowie sein gesamtes Businessmodell gemäß der aktuellen Klimaschutzempfehlungen ausrichten wird. Ein solches Strategiepapier wird immer entscheidender, um sowohl Kunden wie auch Finanzinvestoren überzeugen zu können. "Unternehmen müssen beweisen, dass sie vorausschauend planen, damit wir die schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels abwenden können. Sie müssen die richtigen Signale an die Kapitalmärkte senden, dass sie profitabel bleiben werden", erklärt dazu Amir Sokolowski von CDP. Da die meisten Banken mittlerweile auf die Einhaltung von Klimazielen in ihren Portfolios achten, könnte es den Experten zufolge künftig schwieriger für Unternehmen werden, Finanzierungen zu bekommen, wenn sie ihre Klimaziele nicht konsequenter verfolgen.
Carbon Credits als Mogelpackung
Viele Unternehmen weichen, um ihre Emissionsziele zu erreichen, allerdings auf "Carbon Offsetting" aus. Das heißt, sie investieren in Projekte, die positive Effekte auf das Klima haben sollen, um so eigene Treibhausgasemissionen zu kompensieren. Dafür erhalten sie "Carbon Credits", welche jeweils eine Tonne eingesparte CO2-Emissionen repräsentieren.
Einer Untersuchung des Journalistennetzwerks Source Material zufolge tragen aber nur etwa sechs Prozent von 95 Millionen analysierten "Carbon Credits" tatsächlich zur Reduktion der THG-Emissionen bei. Das sei Greenwashing, meinte dazu der Dachverband zur Förderung nachhaltiger Energie in Österreich am Donnerstag via Aussendung. Die Lösung für Unternehmen liege im Einsatz von erneuerbaren Energien und in Energieeffizienz.(apa/mojo)