Anleger in Europa bleiben trotz des Notverkaufs der Schweizer Großbank Credit Suisse an die heimische Rivalin UBS nervös. Der deutsche Leitindex Dax und sein europäisches Pendant EuroStoxx lagen am Montagvormittag 0,2 Prozent fester bei 14.804 beziehungsweise 4074 Punkten. Vor allem Bankenwerte standen aber unter Druck. Commerzbank und Deutsche Bank verloren je rund vier Prozent, der europäische Sektorindex Banken bröckelte um 2,3 Prozent ab. Die entscheidende Frage sei, ob die Rettungsmaßnahmen ausreichten, um den massenhaften Abzug von Kundengeldern zu stoppen, sagte Damien Boey, Anlagestratege der Investmentbank Barrenjoey. "Die Antwort ist noch nicht eindeutig." Auch die Futures für die wichtigsten US-Indizes pendelten um die Null-Marke.
Mit der Not-Übernahme schienen zunächst zwar größere Finanzmarktturbulenzen abgewendet, schrieben die Experten der BayernLB. Die Abschreibung von eigenkapitalähnlichen Anleihen (AT-1) im Wert von rund 16 Milliarden Franken sei vom Markt aber "noch zu verdauen". Die Credit Suisse hatte mitgeteilt, dass ihre AT1-Schulden im Wert von 16 Milliarden Schweizer Franken auf Anweisung der Schweizer Aufsichtsbehörde im Rahmen der Übernahme durch die UBS auf Null abgeschrieben werden. Die Summe sei zwar nur ein Bruchteil des Gesamtmarktes im Wert von 250 Milliarden Euro, aber die Abschreibung bedeute für die Investoren eine Neubewertung der Risiken.

Logo der UBS in Bern.
- © afp / Fabrice CoffriniUnter Druck
Die Kurse von Additional-Tier-1-Anleihen der Deutschen Bank, HSBC, UBS und BNP Paribas fielen am Montag nach Daten des Online-Brokers Tradeweb um zehn bis zwölf Cents.
Die Aktien von Banken wie ING in Amsterdam, Societe Generale und BNP Paribas in Paris sowie Barclays und Standard Chartered in London verloren bis zu 4,5 Prozent. Auch bei US-Regionalbanken nahmen Anleger erneut Reißaus. Die Aktien der First Republic Bank, die vor einigen Tagen mit 30 Milliarden Dollar gestützt werden musste, brachen vorbörslich an der Wall Street um mehr als 20 Prozent ein. Die Titel des Konkurrenten Western Alliance gaben 3,4 Prozent nach.
Öl auf Talfahrt
Aus Furcht vor einer sinkenden Nachfrage zogen sich Anleger aus dem Rohölmarkt zurück. Die Sorte Brent aus der Nordsee und die leichte US-Sorte WTI verbilligten sich um jeweils rund drei Prozent auf 70,72 beziehungsweise 64,69 Dollar je Barrel (159 Liter). Die Turbulenzen um die Credit Suisse schürten Rezessionsängste, sagten Börsianer. Außerdem müsse wegen der hohen Inflation mit weiteren Zinserhöhungen der US-Notenbank gerechnet werden.
Aus Furcht vor den wirtschaftlichen Folgen der Banken-Turbulenzen nahmen Anleger Kurs auf den "sicheren Hafen" Staatsanleihen. Dies drückte die Rendite der zehnjährigen Bundestitel auf 2,029 Prozent von 2,123 am Freitag. Auf der Suche nach alternativen Anlagen wendeten sich Investoren auch dem Bitcoin zu. Die Cyber-Devise gewann 6,4 Prozent und war mit 28.532 Dollar so teuer wie zuletzt vor rund neun Monaten. Neben der Turbulenzen rund um die Credit Suisse trieben Spekulationen auf ein verlangsamtes Zinserhöhungstempo der großen Notenbanken Investoren in diese Anlageklassen, sagte Analyst Timo Emden von Emden Research. (apa, reuters, dpa)