Erst vor wenigen Tagen hat die Kurzvideo-App TikTok nach Angaben ihres CEOs Shou Zi Chew in den USA die Marke von 150 Millionen Nutzern geknackt. Am Donnerstag musste der 40-jährige Manager das vor allem bei Jugendlichen beliebte Videoportal im US-Kongress verteidigen. Nicht nur in den USA gibt es massive Datenschutzbedenken und den Verdacht, die chinesische Regierung könne TikTok - eine Tochter des chinesischen Internetriesen Bytedance - für Spionagezwecke missbrauchen.

Shou Zi Chew versuchte bei seiner Anhörung vor dem Energie- und Handelsausschuss des US-Repräsentantenhauses, den Verdacht zu entkräften und ein Komplett-Verbot der App in den USA abzuwenden. "Wir fördern oder entfernen keine Inhalte auf Verlangen der der chinesischen Regierung", betonte Chew. "Wir verpflichten uns gegenüber diesem Ausschuss und allen unseren Nutzern, dass wir TikTok frei von jeglicher Manipulation durch eine Regierung halten."

"Sie werden weiterhin
Daten sammeln"

Der führende demokratische Abgeordnete des Ausschusses, Frank Pallone, kritisierte die mangelnde Distanz des Unternehmens zur Regierung in Peking. "Sie werden weiterhin Daten sammeln, Sie werden weiterhin Daten verkaufen und Sie werden weiterhin unter der Ägide der Kommunistischen Partei stehen." Wegen einer möglichen Weitergabe von Nutzerdaten haben zahlreiche Staaten TikTok bereits von Diensthandys verbannt. Auch auf Geräten von US-Regierungsmitarbeitern und im Weißen Haus ist TikTok, das weltweit bereits mehr als eine Milliarde Nutzer hat, verboten. Vor wenigen Tagen hat mit den Niederlanden ein weiteres Land die Nutzung von TikTok auf Diensthandys untersagt.

Chew hatte zuvor auf milliardenschwere Investitionen zum Schutz der Daten der 150 Millionen US-Nutzer hingewiesen. Diese würden im Land gespeichert und vor externem Zugriff geschützt. Die republikanische Ausschuss-Vorsitzende Cathy McMorris Rodgers hatte sich dazu vor der Sitzung skeptisch geäußert: "Es ist klar, dass TikTok alles sagen wird, um sicherzustellen, dass es in den USA nicht verboten wird."

Meinungsfreiheit gegen
nationale Sicherheit

Im Kongress unterstützen 20 Abgeordnete und Senatoren eine parteiübergreifende Initiative, die der Regierung die Möglichkeit geben soll, ausländische Technologie zu verbieten, wenn diese die nationale Sicherheit gefährdet. Damit könnte eine hohe Hürde für das TikTok-Verbot aus dem Weg geräumt werden, an der der ehemalige US-Präsident Donald Trump 2020 gescheitert war. Gerichte hatten den per Dekret verordneten Bann gekippt, weil er das Recht auf freie Meinungsäußerung beschneide. Experten zufolge muss allerdings auch bei einem neuen Gesetz mit Klagen gerechnet werden.

"Die Beschränkung des Zugangs zu einer Plattform, die täglich von Millionen von Amerikanern genutzt wird, wäre ein gefährlicher Präzedenzfall für die Regulierung unserer digitalen Öffentlichkeit im Allgemeinen", warnte hingegen Jameel Jaffer, Chef des Knight First Amendment Institute der Columbia Universität, das sich dem Schutz der Meinungsfreiheit verschrieben hat. Auch unter demokratischen Kongressabgeordneten gibt es Verbotskritiker. Einige von ihnen schlossen sich am Mittwoch einer Demonstration von TikTok-Influencern an. Experten zufolge würde ein Verbot der App der Demokratischen Partei schaden, weil sie darüber junge Wähler erreicht.