Elon Musk gibt sich auf Twitter gern als Spaßvogel. "Ein Milchkaffee ist eigentlich nur eine Ausrede für Erwachsene, um warme Milch zu bestellen, ohne wie ein Baby zu klingen", lautete etwa unlängst ein Post des Tesla- und SpaceX-Gründers inmitten zahlreicher Memes. Musks Ankündigung, die bisherige Verifizierung auf der Plattform in ein Abo-Modell zu überführen, dürfte hingegen kein Aprilscherz sein.

Mit 1. April beginnt Twitter die bisher kostenlosen blauen Häkchen-Symbole für verifizierte Profile zu entfernen. Um das Zeichen behalten zu können, müssten Einzelpersonen zwischen 8,40 und 9,60 Euro pro Monat für das sogenannte Abo Twitter Blue entrichten. Ausschließlich damit soll es ab 15. April möglich sein, an Umfragen teilzunehmen. Tweets und Kommentare verifizierter Profile sollen zudem priorisiert angezeigt werden, bei gleichzeitig geringerem Werbeaufkommen.

Die kostenpflichtige Verifizierung war theoretisch für jedes Profil bereits im November letzten Jahres möglich, was jedoch zu einer Flut parodistischer Konten und dem raschen Ende der blauen Hakerl für alle führte. Ehe Musk das Modell kurze Zeit später wieder einführte. Laut neuesten Plänen sollen Unternehmen und Organisationen für ein goldgelbes Symbol im Grundtarif 950 Euro zahlen, zuzüglich 50 Euro für jeden verknüpften Account, etwa eines Mitarbeiters.

Gleichzeitig soll für die größten Kunden und reichweitenstärksten Profile eine Ausnahme gelten. Laut einem Medienbericht könnte Twitter einigen Unternehmen und Organisationen die Abo-Gebühr von rund 1.000 Euro pro Monat für ein farbiges Hakerl erlassen. In den Genuss sollen die 500 größten Anzeigenkunden sowie die 10.000 Firmen und Organisationen mit den meisten Followern kommen, schrieb die "New York Times" jüngst unter Berufung auf ein internes Twitter-Papier. Wie andere Konzerne hatte die Zeitung angekündigt, nicht für die Verifikation zahlen zu wollen.

Deutliche Werteinbußen

Die Verifikationshäkchen wurden früher von Twitter kostenlos an Prominente, Politiker oder Journalisten vergeben. Musk behauptete nach dem milliardenschweren Kauf des Dienstes im vergangenen Herbst, das bisherige Vergabeverfahren sei "korrupt" gewesen. Stattdessen sollten sich alle das Symbol mit dem Abonnement ohne eine Prüfung zulegen können.

Tatsächlich kämpft Twitter aber seit der Übernahme mit sinkenden Werbeerlösen, die es mit den Einkünften aus kostenpflichtigen Abos zu kompensieren hofft. Trotz massiven Stellenabbaus scheint das Unternehmen finanziell in der Bredouille zu stecken. Aus einer internen E-Mail von Musk an die Belegschaft ging hervor, dass Twitter wohl nur noch 20 Milliarden US-Dollar wert sein dürfte. Das wäre weniger als die Hälfte der 44 Milliarden Dollar, die der Tech-Unternehmer 2022 für die Übernahme gezahlt hatte. Er sprach in der Mail, die ein neues Programm zur Vergütung von Mitarbeitern über Aktien ankündigen sollte, auch unverhohlen von einem drohenden Konkurs. Gleichzeitig prophezeite Musk - der nun Ex-Präsident Barack Obama als Twitter-Nutzer mit der größten Gefolgschaft überholte - dem Konzern einen künftigen Wert von 250 Milliarden Dollar.

Doch für den Firmenchef ist die finanzielle Schieflage nicht das einzige Sorgenkind. Twitter leidet seit der Übernahme unter technischen Gebrechen und mangelnder Moderation. Musk, der sich selbst als Free Speech-Absolutist (Absolutist der Meinungsfreiheit) bezeichnet, erfuhr erst vor Kurzem, dass ein Internetuser mit dem Namen "FreeSpeechEnthusiast" vertrauliche Teile des Quellcodes der Kurznachrichtenplattform der Öffentlichkeit zugänglich machte. Möglicherweise waren diese über Monate hinweg sichtbar.

Privacy-Bedenken

Derzeit wirft die Federal Trade Commission (FTC), die unabhängige US-Bundeswettbewerbs- und Verbraucherschutzbehörde, auch ein Auge auf die Praktiken von Twitter im Hinblick auf Datenschutz. Laut "New York Times" hegt die FTC Bedenken, ob der Konzern nach der Entlassung tausender Mitarbeiter und weitreichender Budgetkürzungen noch über genügend Ressourcen verfügt, um die Privatsphäre der mehr als 200 Millionen Nutzer der Plattform zu schützen. (jm, ag.)