Für die Wirtschaft der Ukraine hatte der russische Angriffskrieg im vergangenen Jahr geradezu verheerende Folgen. Wie die Statistikbehörde am Donnerstag in Kiew bekanntgab, stürzte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 29,1 Prozent ab. Damit ist der Wirtschaftsleistung des zweitgrößten europäischen Landes (nach Russland) nahezu ein Drittel weggebrochen. Der Einmarsch russischer Streitkräfte sorgte nicht nur für den Tod Zehntausender Menschen und die Vertreibung von Millionen Ukrainern, sondern auch für riesige Schäden in Industrie, Energie-Infrastruktur und Landwirtschaft.
Die Ukraine hat jetzt nur noch einen stark eingeschränkten Zugang zu ihren Häfen am Schwarzen Meer. Diese wiederum sind jedoch extrem wichtig für die Ausfuhr von Getreide und Metallen, die als wichtige Stütze der exportorientierten Wirtschaft des postsowjetischen Landes gelten.
Nach ihrem tiefen Fall könnte die Wirtschaft 2023 nach Einschätzung der Regierung in Kiew um ein Prozent wachsen. Wie es dazu heißt, verbessere sich die Situation in den Bereichen Verkehr, Einzelhandel und Bau.
Die Volkswirte des Wiener Instituts für Internationale Wirtschaftsvergleiche (WIIW) sind mit ihrer Prognose etwas optimistischer. Sie rechnen für heuer mit einem BIP-Wachstum von drei Prozent, geben dabei aber zu bedenken, dass der Krieg weiterhin der größte Unsicherheitsfaktor ist. Für die Folgejahre 2024 und 2025 prognostizieren die WIIW-Konjunkturexperten ein BIP-Plus von je acht Prozent.
Deutlich weniger Getreide und Stahl
Bisher musste die Ukraine dem Krieg jedenfalls auch einen hohen wirtschaftlichen Tribut zollen. So hatte das Wirtschaftsministerium in Kiew kürzlich mitgeteilt, dass der Export 2022 gegenüber dem Jahr davor um 35 Prozent und das Volumen dabei um 38,4 Prozent zurückgegangen seien.
Die ukrainische Getreideernte schrumpfte aufgrund der Invasion Russlands auf 53 Millionen Tonnen (nach einem Rekord von 86 Millionen Tonnen im Jahr 2021). Der Krieg hat aber auch den Metall- und Stahlsektor als weiteren Schlüsselzweig der ukrainischen Wirtschaft schwer in Mitleidenschaft gezogen. Die Stahlerzeugung brach drastisch - um fast 71 Prozent - ein, da die russische Armee mehrere große Produktionsstandorte entweder zerstörte oder besetzte.
Dem nicht genug leiden Bevölkerung und Wirtschaft ebenfalls kriegsbedingt unter einer massiven Teuerung. Das WIIW schätzt, dass sich die Inflationsrate 2022 auf 20,2 Prozent belief. Für heuer rechnet das Institut mit einem leichten Rückgang der Rate auf 16 Prozent. (kle/ag.)