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Ethno-Marketing: Eine zu wenig beachtete Chance?

Von Stefan Beig

Wirtschaft
Birol Kilic: Herausgeber der ersten Zeitung für Austro-Türken. Foto: pro.media

Migranten sind wichtige Kunden. | Chancen für Unternehmen zeigte ein Kongress in Wien. | Wien. Als "zielgruppengerechte Ansprache" versteht Steffen Müller, Geschäftsführer von Moira Rundfunk, Ethno-Marketing. Unternehmen müssten die wachsenden Bevölkerungsgruppen mit Migrationshintergrund ansprechen. Deshalb werde Marketing "komplexer".


Steffen war Referent bei "ecomigra", einem vom Wirtschaftsverlag und der Wiener Wirtschaftskammer organisierten Kongress, der Freitag und Samstag in der Wiener Stadthalle stattfand. Unbeachteten Nischenmärkten, aber auch der wachsenden unternehmerischen Tätigkeit von Zuwanderern galt das Augenmerk.

Zu Moira Rundfunk gehören 27 Radionsender in Deutschland und Österreich. Einer davon, Radyo Metropol, ist der erste türkischsprachige Radiosender Deutschlands. "Unsere Hauptzielgruppe sind in Deutschland lebende Türken der zweiten und dritten Generation", berichtet Geschäftsführer Tamer Ergün. Die deutsch-türkische Community umfasse 5,5 Millionen Personen in Deutschland. Mit einem Marktanteil von 60 Prozent ist Radyo Metropol hier der absolute Marktführer.

Auch Unternehmenwerben auf Türkisch

Deutsche Unternehmen wollen bei dieser Bevölkerungsgruppe ebenfalls punkten und nützen den Sender für ihre Werbeauftritte. Media Markt gestaltete eine eigene Werbung auf Türkisch. Laut Ergün spreche zwar die zweite Generation Deutsch und habe mehr Interesse an deutscher, denn an türkischer Politik. Doch ihre kulturelles Selbstverständnis sei türkisch. Der Programmschwerpunkt liegt bei türkischer Popmusik. "Die Bindung der Türken an die Musik ist sehr groß", so Ergün. Nachrichten zu Deutschland sind auf Deutsch, immer aber unter Berücksichtigung des Wissensstandes und Wortschatzes der Hörer.

Rund 20 türkische Zeitschriften gibt es heute in Österreich. "Unsere Nachrichten sind auf Türkisch, aber wir berichten über österreichische Themen", erzählt Birol Kilic, Herausgeber von "Yeni Vatan" - zu Deutsch: Neue Heimat, der ersten austro-türkischen Zeitschrift. Sie wurde 1999 gegründet .

Ein Viertel der Wiener Unternehmer haben Migrationshintergrund. "Allein im Jahr 2008 hatten wir in Wien Gründungen aus 85 unterschiedlichen Ländern", sagte Brigitte Jank, Präsidentin der Wirtschaftskammer Wien. "Sie bringen zusätzliche Produkte und Dienstleistungen in die Stadt und stärken mit ihren Kontakten den Wirtschaftsstandort." Viele Zuwanderer punkten mit Zweisprachigkeit und Kontakten in ihre Herkunftsländer. Die häufigsten Branchen sind unter anderem Bauhilfsgewerbe, Reinigung und Gastronomie.