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Ein Chilifarmer mit Freude am Experimentieren

Von Sophia Freynschlag

Wirtschaft

Richi’s Chilifarm begann als Hobby. | Würzsaucen im Vorjahr ausverkauft. | Öl und scharfer Energydrink als neue Produkte geplant.


St. Leonhard/Wien. Sein Interesse an Chilis lässt Richard Fohringer selbst in den Flitterwochen nicht los: Seine bevorstehende Hochzeitsreise nach Nordamerika will der 27-Jährige unter anderem nutzen, um sich über die Chilisorten und den Anbau in Übersee zu informieren. In den letzten vier Jahren hat der Niederösterreicher mehr als 150 Chiliarten gesammelt, dazu kommen 20 Paprika- sowie mehr als 60 Paradeisersorten. Wenn der Niederösterreicher nicht selbst verreist, bezieht er die Sorten über auf Chili spezialisierte Internetforen oder von befreundeten Reiseleitern, die ihm Pflanzen mitnehmen.

Richi’s Chilifarm begann 2007 als Hobby: "Mein Schwiegervater fragte mich, ob ich auf seinem Acker etwas anbauen möchte", erzählt der Geschäftsführer der "schärfsten Farm des Mostviertels". Weil der Hobbykoch selbst gern scharf isst, fiel die Wahl auf Chilis. Daraufhin besorgte der studierte Ernährungswissenschafter von der Gesellschaft für Erhaltung der Kulturpflanzenvielfalt Arche Noah sechs Pflanzen, die er in St. Leonhard am Forst im Mostviertel anbaute.

Saucenproduktion wird heuer verfünffacht

Die "Initialzündung" für den Aufbau seines Ein-Mann-Betriebes erfolgte, als Fohringer den Strunk einer Chili samt Kernen abschnitt. "Da habe ich mir gedacht, jetzt schmeiße ich 200 Pflanzen weg", erzählt Fohringer, der in Teilzeit als Qualitätsmanager bei der Agrarmarkt Austria (AMA) in Wien arbeitet. Seither sammelt und vermehrt er selbst Chilis, die als Zutaten für neun Saucen verwendet werden. Diese werden von wenigen ausgewählten Händlern, im Online-Shop sowie ab Feld verkauft.

Verkaufsschlager ist die milde Süß-Sauer-Sauce, gefolgt von der höllisch scharfen Sauce aus Bhut Jolokia, die als schärfste Chili der Welt 2006 ins Guinness-Buch der Rekorde aufgenommen wurde. Alle Saucen enthalten Chilis aus eigenem Anbau und kommen ohne künstliche Zusatzstoffe wie Extrakte zum Schärfen aus. "Wir stellen die schärfsten Saucen her, die aufgrund der natürlichen Schärfe möglich sind", sagt Fohringer. Für jene, die zuviel Scharfes erwischen, hat er jedoch kein Patentrezept parat: "Manche schwören auf Bier, andere wieder auf Käse, Tee oder Brot."

Geerntet wird von Juli bis Oktober, parallel dazu wird in Ruprechtshofen im Mostviertel produziert. Daher sind die Saucen auch nur saisonal verfügbar. "Viele Leute vergessen, dass Gemüse eine Saison hat", sagt Fohringer. Im Vorjahr wurden 2000 Flaschen hergestellt, die heuer im Jänner ausverkauft waren. "Besonders als Weihnachtsgeschenk von Firmen an ihre Mitarbeiter sind die Saucen beliebt", erzählt der ambitionierte Unternehmer, der selbst überrascht war, wie viel Potenzial im Geschäft mit Chilis steckt. Heuer will er die Produktion verfünffachen. Gleichzeitig zieht der 27-Jährige aber klare Grenzen: "Der größte Teil der 3000 Pflanzen steht im Freien, dadurch dauert das Wachsen länger. Mein Betrieb soll momentan nicht größer werden, als eine Person schafft." Bei 4000 Pflanzen zieht er somit erst einmal die Obergrenze.

Kooperation mit bekannter Top-Band

Neben der Ernte und der Produktion hat Fohringer auch selbst die Flaschenetiketten entworfen. Bei vielen Landwirten scheitere es an der Vermarktung ihrer Produkte: "Landwirte sollten sich als Lebensmittelhersteller sehen, nicht als Bauern", ist der Chilifarmer überzeugt, der sein Unternehmen via Facebook, Twitter und Internet-Newsletter vermarktet.

Viel Arbeit steckt Fohringer, der sich selbst als Tüftler und Bastler bezeichnet, auch in das Entwickeln innovativer Produkte. Parallel zu den Saucen soll in den kommenden Monaten erstmals ein scharfer Energydrink auf Sauerkirschbasis verkauft werden. Mit dem Getränk, das vor allem auf Feuerwehrfesten und bei seinen Partnerhändlern verkauft werden soll, zielt Fohringer vor allem auf junge Kunden.

Auch für Chili-Käse-Cracker wurde bereits ein Prototyp entwickelt, geplant ist auch ein Chilisenf, für den eigens Senf angebaut wurde. Außerdem wird gemeinsam mit dem Waldviertler Mohnhof Gressl ein Chiliöl entwickelt, das im August produziert werden soll.

Neben neuen Produkten legt der 27-Jährige Wert auf Transparenz in seiner Produktion: Bei den Ab-Feld-Tagen, die ab Ende Juli bis Ende September jeden Sonntag stattfinden, lädt er zu Verkostungen und kostenlosen Führungen.

Ein weiterer Höhepunkt steht Ende August an: Bei der Wiener CD-Veröffentlichungsparty der Red Hot Chili Peppers am 26. August in Wien werden Produkte der Chilifarm verkostet. Außerdem wird auf den CDs, von denen mehrere hunderttausend Stück verkauft werden sollen, auf die Chilifarm hingewiesen.