Zum Hauptinhalt springen

Sozialdemokraten wollen kleinere Ratingagenturen stärker vernetzen

Von Stefan Melichar

Wirtschaft

Macht der drei Groß-Agenturen soll gebrochen werden. | Bundesfinanzierer zahlen weiterhin für ihr Rating.


Wien. Kaum eine andere Institution auf den Finanzmärkten ist den europäischen Sozialdemokraten dermaßen ein Dorn im Auge wie jene der drei großen Ratingagenturen: Es gebe hier einen Markt ohne Wettbewerb und ohne Transparenz, betonte Finanzstaatssekretär Andreas Schieder am Freitag vor Journalisten. Es gelte zu klären, wer tatsächlich hinter den - oft weitreichende Folgen mit sich bringenden - Bonitätsentscheidungen stehe. Außerdem müssten Haftungsfragen diskutiert werden.

Tatsächlich haben sich die US-dominierten Ratingagenturen Standard & Poor’s, Moody’s und Fitch, die den Markt dominieren, in den vergangenen Monaten keine Freunde in der europäischen Politik gemacht. Den Agenturen wird der Vorwurf gemacht, die Griechenland-Krise verschärft zu haben.

Einen Lösungsansatz bringt die sozialdemokratische EU-Abgeordnete Evelyn Regner aufs Tapet: Sie fordert, dass Unternehmen künftig ein Zweitrating bei einer unabhängigen europäischen Ratingagentur einholen müssen, um Verzerrungen aufgrund von Interessenskonflikten zu verhindern.

Europäische Stiftung

Schließlich zahlen derzeit die Emittenten von Wertpapieren dafür, dass sie eine Bonitätsbewertung erhalten. Regner plädiert dafür, kleinere Ratingagenturen, die nur in einzelnen Ländern oder Branchen aktiv sind, in einer europäischen Stiftung zusammenzufassen. Diese solle unabhängig sein und - unter anderem - auch für das Zweitrating verantwortlich zeichnen.

Die Österreichische Bundesfinanzierungsagentur, die die österreichischen Staatsanleihen begibt, hat sich übrigens nun doch entschieden, in Zukunft zwei der großen drei Ratingagenturen für ihre Bonitätsbewertung zu bezahlen. Einige Staaten hatten zuletzt angekündigt, nicht mehr aktiv mit den Agenturen zusammenzuarbeiten - diese erstellen das Rating dann nur vergleichsweise oberflächlich und deklarieren das auch entsprechend. Man sei zu dem Schluss gekommen, dass die Beibehaltung bis auf weiteres von Vorteil sei, so ÖBFA-Chefin Martha Oberndorfer zur „Wiener Zeitung”. Man werde die Situation aber weiter beobachten.