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Bleibt Wien die Ostzentrale?

Von Karl Leban

Wirtschaft

Vorläufig führt Präsident Rampl die Unicredit-Geschäfte. |


Der plötzliche Abtritt von Alessandro Profumo als Chef des italienischen Bankriesen Unicredit sorgt in der Bank Austria nicht gerade für Nervosität. Ein gewisses Unbehagen hat sich bei der Wiener Konzerntochter freilich breit gemacht - zumindest beim Betriebsrat. Denn der sieht den bisherigen Sonderstatus der Bank im Konzern nun in Gefahr.

Befürchtet wird, dass der Nachfolger von Profumo daran rütteln könnte und die Bank Austria Kompetenzen verliert. In der Gruppe ist sie prominent dadurch aufgewertet, dass sie von Wien aus das Osteuropa-Geschäft (mit Ausnahme Polens) steuert. Im Bank-der-Regionen-Vertrag ist ihre Funktion als Ostzentrale bis 2016 festgeschrieben.

Doch schon unter Profumo war diesbezüglich nicht alles in Stein gemeißelt. Die Unicredit-Führung hat den Vertrag in Detailfragen immer wieder verwässert. Erst im Frühjahr 2009 griff sie dem Bank-Austria-Vorstand ins Steuer, indem die Osteuropa-Sparte aus Kosten-, Ertrags- und Risiko-Gründen divisionalisiert wurde (länderübergreifend aufgeteilt in Privat- und Firmenkunden, Vermögensverwaltung und Investmentbanking). Damit hat die Zentrale in Mailand de facto einen Teil der Kompetenzen an sich gezogen - zumal alle Divisionen von dort aus zentral koordiniert werden.

Anders als der Betriebsrat befürchtet das Management der Bank Austria keine weiteren Schritte in Sachen Aufweichung der vertraglich festgelegten Garantien. "Der personelle Wechsel ändert nichts an unserer strategischen Ausrichtung und auch nichts an unseren Zuständigkeiten", sagt ein Sprecher von Bank-Austria-Chef Willibald Cernko. Zum einen gelte Wien aus vielen Gründen als idealer Standort für die Ostzentrale. Und zum anderen müssten die AVZ-Stiftung sowie der Betriebsrat einer Vertragsänderung zustimmen. Das, so der Banksprecher, sei aber mehr als unwahrscheinlich, weil sie Veto-Rechte hätten.

Vieles Zukunftsmusik

Erst kürzlich hatte Profumo bei einem Wien-Besuch erklärt, keinen Anlass zu sehen, den Vertrag zu ändern. Gleichzeitig gab er aber zu verstehen, dass Österreichs Pläne für eine Bankensteuer bei der Bank Austria ein Überdenken ihrer Rolle als Ostzentrale erfordern könnten. Ob Profumos Nachfolger ebenfalls in diese Kerbe schlägt, ist vorläufig einmal Zukunftsmusik.

Seinen Job als Unicredit-Boss ist Profumo seit Dienstag zwar los (versüßt wird ihm der Abgang mit einer Abfindung von rund 40 Millionen). Den Vorsitz im Aufsichtsrat der Bank Austria hat er vorerst aber weiterhin. Bis auf weiteres, wie in Wien erklärt wird. Denn die Nachfolge müsse nun in einer Hauptversammlung geregelt werden. Ein fixes Datum steht noch nicht fest.

Unterdessen hat Unicredit-Aufsichtsratschef Dieter Rampl den Auftrag, in den kommenden Wochen einen Nachfolger für Profumo an der Vorstandsspitze zu suchen. Bis zur Ernennung eines neuen Unicredit-Chefs führt Rampl interimistisch die Geschäfte des Konzerns.

Wilde Spekulationen

Über die Zukunft Profumos wird in Italien derweil heftig spekuliert. Medien berichteten am Mittwoch, der Top-Manager könnte jetzt in die Politik einsteigen. Und zwar als Gegner von Regierungschef Silvio Berlusconi. Der 53-jährige Profumo soll demnach gute Chancen haben, zum Premierkandidaten der oppositionellen Demokratischen Partei aufzurücken, sollte es in Italien im Frühjahr zu Neuwahlen kommen - was Beobachter derzeit nicht ganz ausschließen.

Porträt Dieter Rampl