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Wiens Bürgermeister ist Großbauer

Von Regine Bohrn

Wirtschaft

Bio-Flächen umfassen 1000 Hektar. | Angebaut werden vor allem Getreide und Zuckerrüben. | Landwirtschaft bringt zwei Millionen Euro Umsatz.


Wien. Die Wiener Landwirtschaft ist, so wie die österreichische insgesamt, klein strukturiert. Ein Ackerlandbetrieb eines Bauern in der Bundeshauptstadt ist laut Landwirtschaftskammer Wien 40 bis 45 Hektar groß, ein Weinbauer besitzt zwischen drei und vier Hektar und ein Gemüsebauer verfügt über 1,5 Hektar Land. Doch auch in Wien gibt es Betriebe, die aus der Masse hervor stechen. Im Vergleich zu anderen Bundesländern leitet nicht etwa eine ehemalige Adelsfamilie den Betrieb, sondern die Gemeinde Wien selbst.

In Summe ist der landwirtschaftliche Betriebe fast 2000 Hektar groß (inklusive 47 Hektar Weinflächen), sagt Andreas Januskovecz, Leiter der zuständigen Magistratsabteilung, dem Forstamt und Landwirtschaftsbetrieb Wien (MA 49). Der Betrieb befindet sich aber nur zur Hälfte innerhalb der Wiener Landesgrenzen. Der Rest der Flächen erstreckt sich zwischen Eggenburg, das im nordwestlichen Niederösterreich liegt, und Baden, das sich südlich von Wien befindet.

Bio-Gemüse wird in der Lobau ab Hof verkauft

Mit seiner Größe gehört der Betrieb der Stadt Wien zu den größten in ganz Österreich, bestätigt Januskovecz. Auch bei der Bio-Fläche, die die in Wien liegenden Äcker umfasst, braucht sich die Stadt nicht zu verstecken. Die Gemeinde sei zwar nicht der größte Bio-Bauer des Landes, aber "wir gehören zu den Top 10", sagt Januskovecz. Angebaut werden neben Weizen, Roggen, Gerste, Hafer, Mais und Zuckerrüben auch Gemüse und Erdäpfel.

Pro Jahr erzeugt die Landwirtschaft mehr als 4000 Tonnen Getreide, davon rund 1000 Tonnen Bio-Ware, mehr als 3000 Tonnen Bio-Gemüse, 500 Tonnen Bio-Erdäpfel und mehr als 10.000 Tonnen Zuckerrüben. Vermarktet wird die Ernte - mit Ausnahme des Ab-Hof-Verkaufs von Bio-Gemüse in der Lobau - nicht selbst. "Wir agieren über Wiederverkäufer", erklärt der Leiter der MA 49. Der Umsatz, den der Betrieb dabei erzielt, wird mit 2 Millionen Euro beziffert.

In Summe kümmern sich 32 Arbeiter und Angestellte um die städtische Landwirtschaft, sagt Januskovecz. Hinzu kommen auch noch zehn bis 20 Saison-Arbeitskräfte, die vor allem bei der Wein- und Gemüseernte zum Einsatz kommen. "Umgelegt auf die Hektar sind wir gut unterwegs", meint Januskovecz.

Doch warum betreibt die Gemeinde Wien eigentlich eine Landwirtschaft? Als einen Grund nennt der Leiter der MA 49 die Versorgung der Stadt in Notsituationen. In erster Linie sollen dabei den Wiener Spitälern, Altenheimen und Kinderbetreuungseinrichtungen Lebensmittel zur Verfügung gestellt werden, sagt Januskovecz, der hinzufügt, dass mit dem Ertrag des Gemeindebetriebs nicht die gesamte Wiener Bevölkerung ernährt werden kann. Ein weiterer Grund sei die Widmungssicherung. "Wenn etwas mir gehört, kann ich anschaffen", bringt es der Leiter der MA 49 auf den Punkt.

Aber auch die Bereitstellung von Flächen für "wichtige Maßnahmen" sei verantwortlich dafür, dass die Gemeinde Wien eine Landwirtschaft hat. Als Beispiel führt Januskovecz den Bau der S1 an. Hier habe die Stadt einen Teil ihres Landes an die Asfinag verkauft, die dort die Schnellstraße errichtet hat. Wenn man mit den einzelnen Grundstücksbesitzern verhandelt hätte, hätte die Errichtung der S1 viel länger gedauert, meint Januskovecz, der betont, dass der Verkauf für die Schnellstraße die landwirtschaftliche Fläche nicht schmälerte, da die Asfinag neue Äcker für die Gemeinde erstanden hat. "Unser Ziel ist, die Flächen in ähnlicher Form zu erhalten."

"Fühlen uns verpflichtet, Leitbild zu sein"

Ein anderer Grund, warum es den Betrieb gibt, ist die Vorbildfunktion. "Wir fühlen uns verpflichtet, Leitbild zu sein", sagt Januskovecz. Im Bio-Bereich werden daher auf den entsprechenden Flächen Projekte im Bereich biologischer Landwirtschaft und angewandter Ökologie umgesetzt.

Beim Wein gebe es wiederum am Cobenzel einen Leitbetrieb. Hier werden, räumt Januskovecz ein, auch unrentable Flächen bewirtschaftet. Als Grund für dieses Vorgehen wird der Weinbau als "Trademark" für Wien genannt.

Die Gemeinde Wien bewirtschaftet 2000 Hektar Ackerland und sichert damit die Versorgung in Notsituationen