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Portugal spart auf zweites Hilfspaket zu

Von Hermann Sileitsch

Wirtschaft

Lissabon will Feiertage streichen, um wettbewerbsfähiger zu werden.


Lissabon/Wien. Die Rechnung will und will nicht aufgehen. Portugals konservative Regierung spart hartnäckig, um die Vorgaben seiner Geldgeber EU und Währungsfonds (IWF) zu erfüllen. Doch alle Anstrengungen scheinen vergebens: Statt aus der Krise zu wachsen, schlittert das Land noch tiefer in die Rezession.

Am Montagabend musste Finanzminister Vitor Gaspar die Zahlen erneut revidieren: Portugals Wirtschaftsleistung (BIP) wird 2012 voraussichtlich um 2,8 Prozent schrumpfen. Damit ist der Haushaltsplan 2011 bis 2015 bereits wieder hinfällig, der erst im August vorgelegt wurde. Denn darin hatte Regierungschef Pedro Passos Coelho, der im Juni an die Macht gekommen war, ein Minus von nur 1,8 Prozent unterstellt.

Zwar laufe die Umsetzung des Sparprogramms zufriedenstellend. Portugal könnte 2011 seine Defizitziele aber dennoch verfehlen, räumte EU-Kommissar Olli Rehn am Dienstag ein. Portugal habe jedoch schnell reagiert und weitere Maßnahmen zum Schuldenabbau unternommen. Der Haushaltsentwurf für 2012 sei ehrgeizig, so die EU-Kommission.

Portugals Regierung soll das Defizit bis Ende des Jahres auf 5,9 Prozent der Wirtschaftsleistung drücken. Im kommenden Jahr müsste es auf 4,5 Prozent sinken.

Rekord an Arbeitslosen

Wird Portugal so wie Griechenland ein weiteres Hilfspaket brauchen? Darüber spricht in Brüssel niemand. Kein Wunder: Es ist noch nicht einmal der zweite Rettungsanlauf für Griechenland beschlossen. Zur Erinnerung: Nach langem Zögern hatte Lissabon am 6. April 2011 einräumen müssen, dass es seine Schulden bei den hohen Zinsen, die dem Land abverlangt werden, nicht in den Griff bekommen wird und auf Notkredite angewiesen ist. Schließlich wurden 78 Milliarden Euro als Überbrückungsfinanzierung aus dem Euro-Rettungsschirm EFSF gewährt. Diese sollten drei Jahre lang reichen - danach müsste sich Lissabon aus eigener Kraft wieder Geld an den Finanzmärkten beschaffen. Das wird aber mit jeder schlechteren Prognose unwahrscheinlicher.

Im September hatte die "Troika" - Experten von EU, EZB und IWF - die letzte Hilfstranche von 4 Milliarden Euro bewilligt. Damals war die Rede von großen Risiken für den Sanierungskurs - diese seien aber handhabbar, es gebe keinen größeren Anpassungsbedarf.

Diese Einschätzung ist hinfällig. Gaspar legte dem Parlament einen heftig umstrittenen neuen Haushaltsentwurf vor. Dieser entwirft düstere Szenarien: Die Investitionen werden 2012 zurückgehen (-9,5 Prozent), der Konsum noch stärker einbrechen (-4,8 Prozent), die öffentlichen Ausgaben massiv schrumpfen (-6,2 Prozent). Was steigt, ist die Arbeitslosenquote: 13,5 Prozent sind Negativrekord.

Jetzt werden Ausgaben noch radikaler gestrichen. Beamte und Pensionisten müssen auf mindestens vier Monatsgehälter verzichten, die Mehrwertsteuer steigt, alle Portugiesen sollen eine halbe Stunde pro Woche länger arbeiten. Zudem verhandelt die Regierung mit der Kirche und den Sozialpartnern über die Streichung von Feiertagen: Das soll die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft erhöhen.

Aus Protest haben die zwei größten Gewerkschaftsverbände zum Generalstreik im November aufgerufen. Schon am Donnerstag beginnt eine bereits länger geplante "Kampfwoche".

Streik legt Hellas lahm

In Griechenland bringen unterdessen hunderttausend streikende Beamte das öffentliche Leben zum Erliegen: Auf den Straßen türmen sich Müllberge, die Flughäfen sind lahmgelegt und mehrere Inseln vom Festland abgeschnitten. Ab heute, Mittwoch, soll die Streikwelle noch ausgeweitet werden.