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Brisantes Gerichtsgutachten für Immofinanz-Anleger

Von Kid Möchel

Wirtschaft

Keine Risikostreuung, weil 64 Prozent Immofinanz-Aktien im Anleger-Portfolio.


Wien. Die umstrittene Ära des früheren Constantia-Privatbank- und Immofinanz-Vorstands Karl Petrikovics hält die heutige Immofinanz-Gruppe unter Eduard Zehetner auf Trab - nämlich vor Gericht.

Vor wenigen Tagen hat der Gerichtssachverständige Erich Pitak im Schadenersatzverfahren zweier Anleger (Aktenzahl 51 Cg 84/11a) am Handelsgericht Wien ein Gutachten vorgelegt, in dem er mit der Constantia Privatbank, heute Aviso Zeta, hart ins Gericht geht. Die mutmaßlich geschädigten Anleger, vertreten vom Anwalt Wolfgang Haslinger (Kanzlei Neumayer, Walter & Haslinger) fordern von der Aviso Zeta 940.500 Euro aus ihrem Investment in Immofinanz- und Immoeast-Aktien zurück. Vorwurf: fehlerhafte Beratung.

Wie aus dem Gutachten hervorgeht, führte die Beratung dazu, dass das Anlagedepot der Kunden mit 75,4 Prozent Immofinanz- und Immoeast-Aktien ausgestattet wurde. "Ein Portfolio bestehend aus 64,4 Prozent einer einzelnen Immobilien-Aktiengesellschaft (Immofinanz) und noch dazu aus elf Prozent einer bedeutenden Tochtergesellschaft die Immobilien-AG (Immoeast) bei weitgehender Personenidentität der Vorstandsmitglieder dieser beiden Gesellschaften ist keineswegs als Portfolio lege artis zu bezeichnen", stellt der Sachverständige fest. "Durch das gänzliche Ignorieren des operationellen Risikos einer dominierenden, einzigen Aktie im Depot, ergänzt um die Aktie deren Tochter, wurde die Beratungsdienstleistung nicht mit der erforderlichen Sachkenntnis, Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit im Interesse der Kunden erbracht - von möglichen zusätzlichen Interessenkonflikten abgesehen." Im vorliegenden Fall sei der Anteil an Immobilienwertpapieren im Portfolio doppelt so hoch gewesen, als die Constantia Privatbank in ihren Vermögensverwaltungsmandaten gewöhnlich umsetzte. "Damit war ein gravierendes Klumpenrisiko gegeben", meint Pitak.

"Immofinanz AG als in sich diversifiziert dargestellt"

Laut einer früheren Bankprokuristin gab es bei Vermögensberatungsmandaten "zu guten Zeiten die Vorgabe, 30 Prozent in Immobilienwerte zu investieren". Sie sagte auch aus, dass "die Immofinanz AG bei uns im Haus als in sich diversifiziert dargestellt worden ist". Für Pitak sind aber "maximal 25 Prozent am Gesamtdeport gerade noch vertretbar".

Ob der Constantia-Vorstand unter Petrikovics auch noch etwaiges Sonderwissen hatte, das das Anlagerisiko erhöhte, sei eine Rechtsfrage, meint der Gutachter. Das muss die Verfahrensrichterin Katharina Kutzelnigg beurteilen, die als sehr ambitioniert gilt.

Laut Anlegeranwalt Haslinger soll es auch in Fällen mit externen Finanzberatern zu einer Übergewichtung mit Immofinanz-Aktien gekommen sein.

Die Aviso Zeta bestreitet jegliche Fehlberatung. "Das Gutachten bezieht sich nur auf einen Einzelfall. Im Hinblick auf die weiteren Verfahren ist diesem klar zu entnehmen, dass die Immofinanz/Immoeast-Aktie zum Zeitpunkt der Investition der Kläger - im Jahr 2005 - als risikoarm dargestellt und mit einer Anleihe verglichen werden konnte", kontert Aviso Zeta-Vorstand Stefan Frömmel. "Laut dem Sachverständigen Dr. Pitak war die Kursentwicklung anleiheähnlich und nur gering volatil. Darüber hinaus geht der Gutachter von einem bestimmtem Vergleichsportfolio aus, dessen Zusammensetzung allerdings nach subjektiven Kriterien erfolgte."